Das social Distel-Ding - Jogginghosen Lifestyle und Fight the Power - Mit Hip Hop durch Corona

ID 101300
1. Teil (Hauptteil)
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Im 8. Teil der social distancing Kolumne starten wir ins Wochenende und leben den klischeehaften Hip Hop Lifestyle in Jogginghosen
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03:50 min, 8990 kB, mp3
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Upload vom 03.04.2020 / 19:52

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Kultur, Politik/Info
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 03.04.2020
Folgender Teil steht als Podcast nicht zur Verfügung
Musik enthalten
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03:49 min, 8971 kB, mp3
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Upload vom 03.04.2020 / 20:03
CC BY-NC-SA
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Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Oh, Wochenende. Die Freude hält sich etwas in Grenzen. Noch ein Wochenende im social distancing. Das heißt: Raus aus der Arbeits-Mulde im Sofa, rein in die Freizeit-Mulde im Sofa. Dann wieder Unterhaltungs-Shows ohne Publikum die einem zeigen, wie sehr auch unser Humor von einer Gruppendynamik beeinflusst wird. Nichtmal die Klamotten ändern sich. Jogginghosen-Lifestyle wohin man blickt. Jetzt wäre eigentlich der Moment für die Rapper Dekzter & DZM gekommen, die genau 11 Jahre vor der Verschärfung der Corona-Situation, nämlich am 15.03.2009, den Song „Jogginghosen-Lifestyle“ auf Youtube hochgeladen haben. Der Refrain klingt vielleicht wie eine Weissagung in der heutigen Zeit: „Ich bin faul und sie auch, weil ich sie das ganze Jahr brauch. Mein Leben gleich Freizeit – yeah Jogginghosen-Lifestyle.“
Was damals noch nach Ablehnung der auf Produktivität und Repräsentation getrimmten Selbstverwirklichungs-Gesellschaft klang, klingt heute wie eine Zustandsbeschreibung. Niemand erwartet von den social Distel-Dingern das sie repräsentativ gekleidet sind. Wir sind schon froh, wenn sie nicht vergessen die Webcam abzuschalten, wenn sie aufs Klo gehen, oder die allgemeine Körperhygiene nicht allzu stark vernachlässigen.
Aktuell ist also die einmalige Situation eingetreten, dass Mensch ein Held sein kann, wenn sie oder er nur daheim auf der Couch sitzt, in Jogginghosen am Laptop ein wenig arbeitet, nicht verrückt wird und nicht nach draußen geht. Wenn der Staat jetzt noch die Asservatenkammern öffnet und jedem social Distel-Ding die beschlagnahmten Cannabis-Vorräte zum Eigengebrauch anbietet, werden wir uns alle wie Hobby-Rapper in tief sitzenden und weiten Jogging-Hosen aufführen wenn die Situation vorbei ist. Wer sich dabei schon auf einem guten Weg fühlt, kann sich ja gleich schon mal an eine weitere Ebene des Hip-Hops wagen: Kritik nach der Devise „Fight the Power“
Denn in unseren Jogginghosen und Sofas dürfen wir uns darauf vorbereiten, dass wir unsere, jetzt zum Schutze aller, hergegebenen Rechte und Möglichkeiten nicht einfach so zurück bekommen werden. In der Zeit nach Corona wird ausgehandelt werden müssen, ob der Schutz von Menschenleben auf Kosten der Wirtschaft zu einem bedauerlichem Fehler deklariert wird, so wie es mit der Willkommenskultur von 2015 kurz darauf gemacht wurde, oder ob wir auch dauerhaft eine humanere Politik wollen. Letztlich setzen wir jetzt das Geld ein, das über Jahrzehnte neoliberalen Wirtschaftens verdient wurde, um alle Menschen, egal ob in Deutschland oder der Welt, vor dem Tod durch die Viruserkrankung Covid-19 zu schützen. Wollen wir also danach wieder ein Polster aufbauen, dass uns in Notfällen den Luxus des konsequenten Handelns erlaubt, oder wollen wir dieses konsequente Handeln um Menschenleben und Menschenwürde zu schützen nicht mehr als Luxus ansehen und uns eher daran ausrichten. Das sind doch mal Fragen für das Wochenende. Und damit all die social Distel-Dinger auch beschwingt die Seite des Sofas wechseln können, kommt hier noch eine Geschichte aus der nicht so handelnden Politik. Denn während in Europa viele Länder ihre Wirtschaft stark beschneiden um Menschenleben zu schützen, hat Europas letzter Diktator [bevor Viktor Orban seine Herrschaft erweitert hat; nachträgliche Anm. d. A.] eine andere Lösung der Corona-Krise gefunden. Der seit 1994 amtierende Präsident Weißrusslands, Alexander Grigorjewitsch Lukaschenko, hat seinen Bürgerinnen und Bürgern nämlich geraten sich gegen das Corona Virus zu schützen indem sie mehrmals die Woche in die Sauna gehen und Wodka trinken. So kann dann auch das öffentliche Leben mit vollen Fußballstadien und Eishockey-Spielen weiterlaufen.
Wer in Weißrussland in Jogginghosen zu Hause bleibt hat dann auch beides zugleich: Jogginghosen-Lifestyle und „Fight the Power“

Link zum Jogginghosen-Lifestyle Video: https://www.youtube.com/watch?v=uIG0xgBXdAk