Hungerstreik der letzten Generation - Simon hungert für das Klima

ID 110854
1. Teil
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Simon Helmstedt, einer der hungerstreikenden 7, die die Aktion „Hungerstreik der letzten Generation“ durchführen. Vorsicht: Trigger und bitte einrahmend mit Mod und evtl. Beitrag von Psychologists for Future spielen.
Audio
08:51 min, 8305 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 01.09.2021 / 18:50

Dateizugriffe: 2256

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Umwelt, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 01.09.2021
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Wir reden und reden um den heißen Planeten herum. Klar, den Klimawandel gibt es, aber wir müssen auch an die Arbeitsplätze denken! Klar, die Klimakrise ist nicht so toll, aber eigentlich wollten wir ja über Steuersenkungen sprechen. Das ist frustrierend, für viele. Für die junge Generation sogar besonders, weil sie von den Folgen ungleich länger und damit auch schlimmer betroffen sein wird und deutlich weniger an einer Veränderung mitgestalten kann.

Um dieser Frustration Luft zu verschaffen und ein Zeichen gegen das „Weiter so“ zu setzen, begann vor mittlerweile 3 Jahren und 12 Tagen die Idee des Schulstreiks. Schülerinnen und Schüler hatten ein Mittel gefunden, wie sie der älteren Generation zeigen konnten, dass ihre Zukunft aktiv gefährdet ist: Indem sie bei dem streikten, was ihre Zukunft nach Ansicht der Älteren am meisten beeinflusst – ihre Bildung. Es schlossen sich immer mehr Gruppen an - Wissenschaftler*innen, Eltern, Arbeiter*innen – waren alle plötzlich „for Future“

Doch die eigentliche Herausforderung ist noch nicht gelöst. Wenigstens ist das Aufregerthema der Vergangenheit – die Verweigerung am Freitag die Schule zu besuchen – mittlerweile keines mehr. Bei der offensichtlichen Dringlichkeit des Problems scheint es absolut verständlich, wenn es einigen Aktivistinnen und Aktivisten nicht schnell genug gehen kann, die Klimaneutralität nach vorne zu bringen. Sie sehen sich als Mitglieder der letzten Generation, die noch Einfluss auf die drohende Katastrophe nehmen kann, knüpfen an die Drohung des Schulstreiks an und riskieren ihre persönliche Zukunft. Nur viel einschneidender und fatalistischer als es Greta Thunberg jemals tat: 7 junge Menschen sind am Montag in einen unbefristeten Hungerstreik getreten. Aktuell campen sie hungernd mit Unterstützer*innen im Berliner Regierungsviertel. Und stellen dort ihre Forderungen direkt an Baerbock, Laschet und Scholz. Diese lauten wie folgt:

„1. Ein sofortiges Gespräch mit Ihnen, den drei Kanzlerkandidat*innen Herrn Laschet, Herrn Scholz und Frau Baerbock, über den Mord an der jungen Generation.
2. Das Versprechen von Ihnen, in einer neuen Regierung direkt einen Bürger*innenrat einzuberufen. In diesem sollten Sofortmaßnahmen gegen die Klimakrise, unter anderem eine 100% regenerative Landwirtschaft, besprochen werden.“

Ihren Hungerstreik, so kündigen die Streikenden an, wollen sie erst beenden, wenn ihre Forderungen erfüllt werden. Wir bei LORA München waren uns nicht sicher, wie wir mit dieser selbstgefährdenden Art des Protests umgehen sollen. Wir gehen aber davon aus, dass früher oder später von anderer Seite darüber berichtet werden wird, und haben uns daher entschlossen, frühzeitig einen der Hungernden bei uns im Programm zu Wort kommen zu lassen.

Simon Helmstedt ist 22 Jahre jung und hungert seit 3 Tagen. Immer noch etwas schockiert von seiner Protestform wollten wir als erstes von ihm wissen, ob sein Hungerstreik wirklich die Lösung für etwas sein kann, was der massenhafte Schulstreik nicht geschafft hat.

(Infos: http://hungerstreik2021.de/ - Rahmend mit https://www.freie-radios.net/110854 - bzw. mit Zwischenmod/Abmod:
Soweit Simon Helmstedt, einer der hungerstreikenden 7, die die Aktion „Hungerstreik der letzten Generation“ durchführen. Wie anfangs erwähnt haben wir mit uns gerungen, ob wir dem Hungerstreik Aufmerksamkeit geben sollen – einerseits stellt sich die Frage, ob ein Interview mit einem offensichtlich durch den Hunger unkonzentrierten jungen Aktivisten redlich ist. Andererseits droht bei einem zu unreflektierten Umgang mit dem Thema Hungerstreik die Gefahr, dass junge Menschen sich daran beteiligen.
Allerdings ist klar, dass der junge Mann uns das Interview geben wollte und er wohl auch am dritten Tag des Hungerstreiks noch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Ein Wegducken vor diesem harten Thema soll es nicht geben. Um die Gefahr der Nachahmung aus Verzweiflung zu vermeiden, haben wir uns dann aber entschlossen dieses Interview einzurahmen. Eine der for Future Gruppen eignet sich dafür hervorragend. Die Psychologists for Future, also Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen für die Zukunft, haben sich entschlossen ihre berufliche Erfahrung in den Dienst der Klimabewegung zu stellen. Sie beraten Aktivist*innen und Journalist*innen, geben Hinweise darauf wie am besten über die Klimakrise berichtet werden kann, und helfen dann, wenn die Klimadepression anwächst.
Direkt nach unserem Interview mit dem hungernden Simon Helmstedt sprachen wir deshalb mit Dr. Felix Peter und wollten von ihm erstmal wissen wie seine erste Reaktion auf die Aktion „Hungerstreik der letzten Generation“ war. )

Kommentare
03.09.2021 / 18:30 Monika, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
in sonar
am 3.9.. Vielen Dank! - Im Gegensatz zu den oben genannten Bedenken bin ich persönlich der Meinung, dass ein Hungerstreik ein legitimes Mittel jedes ausgewachsenen/erwachsenen Menschen (ab 18 Jahren) ist, die/der Meinung ist, anders kein Gehör zu finden. --- Leider wird gerne unterstellt, ein Anliegen sei nur halbherzig, solange das eigene Leben dabei nicht riskiert wird. Auch der obige Kommentar unterstellt eine gewisse Infantilität und Pathologie und damit mangelnde Reife und Ernsthaftigkeit. So wie es bei jeder Demonstration die Zwickmühle gibt zwischen friedlichem Auftreten und gleichzeitigem ignoriert werden oder Gewaltätigkeit und Medienhysterie, so scheint es auch hier zu sein: "Halbherziger" Schulstreik (alias "schwänzen") oder "kranker" Aktionismus. Ein Blick in die Geschichte genügt um andere Beispiele von Hungerstreik in der Bundesrepublik zu finden. Dass sie allesamt tragisch - weil erfolglos - endeten, ist nur ein Zeichen für die Kaltherzigkeit der Entscheidungsträger und ein weiterer Sargnagel für die Demokratie. --- Das entscheidende ist jetzt, ob die Politik angemessen reagiert, oder durch andauernde Ignoranz noch extremere Aktionen heraufbeschwört. Wenn man der Politik einen gewissen Zynismus und Intriganz unterstellen will, könnte dies auch Absicht sein, um der Klimabewegung nachhaltig zu schaden.