AEG-Kompromiss: Die Wenigsten sind zufrieden

ID 11700
  guardado externamente!
(Dauer: 3.56) Eine der Mauern muss fallen, hatte die IG-Metall während des 40-tägigen Streiks bei AEG immer wieder betont. Das Werk müsse entweder bleiben, oder Electrolux die hohen Forderungen für einen Sozialplan erfüllen. Ist nun die "Mauer gefallen"? Bernd Moser kommentiert.
Audio
03:56 min, 3692 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 01.03.2006 / 18:58

Dateizugriffe:

Klassifizierung

tipo: Kommentar
idioma: deutsch
áreas de redacción: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
serie: Europaradio (Einzelbeiträge)
Entstehung

autoras o autores: Bernd Moser
Radio: RadioZ, Nürnberg im www
fecha de producción: 01.03.2006
keine Linzenz
Skript
------------------------------------------------------
1,8 Monatsgehälter Abfindung pro Beschäftigungsjahr, die Übernahme in eine Qualifizierungsgesellschaft für 12 Monate und eine Vorruhestandsregelung für Beschäftigte ab 53 Jahren, aber nur, wer schon 20 Jahre AEG auf dem Buckel hat – das sind im Grunde die zentralen Verhandlungsergebnisse zwischen IG Metall und Electrolux, mit der beide Seiten in eigenen Stellungnahmen auch ihre Zufriedenheit bekunden.

Für einige, eher wenige, Arbeiter und Arbeiterinnen der AEG winkt nun tatsächlich eine ordentliche Abfindungssumme, für den Großteil der Belegschaft bleiben allerdings nur Penuts, und für die meisten in absehbarer Zeit wohl Hartz IV, denn Nürnberg hat als traditioneller Industriestandort ausgedient.

Die Enttäuschung über das Verhandlungsergebnis vieler ist nachvollziehbar und berechtigt. Schliesslich wurde bis zuletzt die Parole zum Erhalt des AEG-Werks in Nürnberg ausgegeben. Und da ein Streik zum Arbeitsplatzerhalt in Deutschland verboten ist, sollte dieses klar formulierte Ziel über den Arbeitskampf für einen Sozialtarifvertrag erreicht werden. Damit wurde populistisch Stimmung produziert und je länger der Streik dauerte, desto näher rückte der Arbeitsplatzerhalt als Hoffnungsschimmer am Horizont der AEG´ler. Denn der Streik lief prächtig, keine Frage, Geschlossenheit und Solidarität bestimmten den Alltag, begleitet durch eine ungeheuere Zustimmung und Unterstützung aus der Bevölkerung.

Was nur hat die IG Metall dazu veranlasst, selbst als treibende Kraft den ehemaligen bayerischen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu als Vermittler zu engagieren, der als Werksabwickler bereits bei Infineon, Grundig oder der Maxhütte seine Finger im Spiel hatte! 40 Tage hatte die Metall-Gewerkschaft überrraschend lange Stand gehalten und just in dem Moment, wo der Streik tatsächlich auch auf andere Electrolux-Standorte übergriff und die Trocknerproduktion in Polen eingestellt werden musste, soll der Streik beendet werden. Gerüchte machen die Runde, der IG Metall-Bundeszentrale in Franfurt sei der Arbeitskampf bei AEG zu heiß geworden, schliesslich ist man hier in Deutschland und da gelte es, auch weiterhin als verlässlicher Partner Tarifkonflikte im überschaubaren Rahmen zu halten. Und damit hatte die Gewerkschaft wohl von Anfang an spekuliert, nur dass hätte sie auch so sagen müssen, und dann wäre das Verhandlungsergebnis auch als Erfolg zu bewerten.

Stattdessen freut sich Electrolux, die einkalkulierte Schliessungssumme von 240 Millionen Euro mit dem Verhandlungsergebnis einhalten zu können und sich als kompromißfähiger Streitpartner zu verkaufen. Ihre Ziele hat sie dabei alle erreicht, die Schließung des Werks und die Verlagerung der Produktion nach Polen, wo es kaum gewerkschaftlichen Widerstand gibt und der Verdienst der Beschäftigten so um die 2 Euro 60 liegt. Profitmaximierung pur zur – wie gesagt – eingeplanten Verlagerungskostensumme.

Was bleibt? Eine Belegschaft, die sich endlich gegen die Mechanismen der neoliberalen Ideologie zur Wehr gesetzt hat und damit ein lehrendes und lernendes Beispiel für andere geben könnte, deren Arbeitsplätze ebenfalls auf der Kippe stehen. Eine Belegschaft, die nach dem Schließungsbeschluss am 10. Dezember des vergangenen Jahres eigenständig den Produktionsablauf sabotierte, noch bevor ganz offiziell zum Streik geblasen wurde.

Während man für die Ausrufung eines Streiks 75 % der stimmberechtigten Gewerschaftsmitglieder benötigt, reichen zur Beendigung eines Arbeitskampfes schlappe 25 %, auch das ist deutsches Streikrecht. Und genau das ist die Trumpfkarte der IG Metall, auf die sie setzt. Denn zufrieden mit diesem Streikende sind bei AEG wohl nur die wenigsten.

Kommentare
02.03.2006 / 16:38 C. Hartmann, Radio Z, Nürnberg
Gesendet in Zip-FM
am 2.3.2006