Ökotourismus - eine Einführung

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Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Ökotourismus"? Was darf man erwarten? Die Ansichten gehen dabei auseinander.
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05:15 min, 9836 kB, mp3
mp3, 256 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 02.12.2009 / 17:43

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Klassifizierung

tipo: Kommentar
idioma: deutsch
áreas de redacción: Umwelt
Entstehung

autoras o autores: David Petry (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
fecha de producción: 26.11.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Ob Reisen durch die mongolische Steppe, Trekking durch Alaska oder einfach Übernachten in einem energiesparenden Hotel: Der Markt für Ökoreisen boomt. Längst setzten auch große Touristikunternehmen auf sogenannte umweltschonende Reiseformen. Doch: Welche Angebote haben die Bezeichnung „Ökoreisen“ tatsächlich verdient? Und welche sind Etikettenschwindel?

Werfen wir dazu einen Blick auf die verschiedenen Definitionen. Beim Ökotourismus geht es nicht primär um Kontakt mit der Natur, sondern um deren Erhalt. Das unterscheidet Ökotourismus von „bloßem“ Naturtourismus. Die Grundvoraussetzung für Ökoreisen ist, dass die Natur in den Reiseländern nicht oder allenfalls minimal geschädigt wird. Das ist aber bei weitem nicht die einzige Anforderung. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit schreibt dazu:

„Ökotourismus ist nachhaltiger Tourismus in ökologisch sensiblen Gebieten; er trägt zur Finanzierung des Schutzes der Natur bei.“

Doch es geht um mehr als nur um den Schutz der Natur. Für den Naturschutzbund Deutschland ist Ökotourismus auch dazu da, die „Lebensverhältnisse der Bevölkerung vor Ort zu verbessern.“ Ökotourismus ist zudem eine Frage des Verhaltens: So sieht es beispielsweise die „International Ecotourism Society“. Für sie ist es wichtig, dass die Öko-Reisenden der lokalen Bevölkerung mit Rücksicht und Respekt begegnen.

Ökotourismus ist also mehr als nur umweltverträglicher Tourismus. Er muss einen aktiven Beitrag leisten: Einerseits zum Schutz der Natur – andererseits zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der lokalen Bevölkerung.
Beispiele für Ökotourismus gibt es viele. So ist etwa der NABU seit 2008 an einem entsprechenden Projekt in Kasachstan beteiligt. Die Besucher lernen dabei die uralte Nomadenkultur und die einzigartige Naturkulisse kennen, zu der seltene Pflanzen- und Tierarten wie die Saiga-Antilope gehören. Ziel ist es, „ökologisches Bewusstsein zu fördern, alternative Einkommensmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung zu schaffen und dieser eine Chance zu geben, die natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen.“

Doch kann ein Urlaub im fernen Kasachstan überhaupt ökologisch nachhaltig sein? Angesichts der Emissionen, die mit einem Langstreckenflug nach Zentralasien verbunden sind, sagen viele Kritiker: Nein. Langstreckenflüge bleiben „Klimakiller“ - egal wie viel Rücksicht auf die Natur in den Reiseländern genommen wird. Die Zahlen einer Studie der Welttourismusorganisation (UNWTO) unterstützen dieses Argument. Demnach verursachen Langstreckenflüge 16 Prozent aller touristischen Emissionen, obwohl Flugurlaube nur einen Marktanteil von 2,2 Prozent aller Reisen haben.

Das Beispiel Kasachstan macht ein weiteres Problem deutlich: Bis jetzt ist Zentralasien noch ein weißer Fleck auf der Tourismuslandkarte. So wie viele andere unberührte Regionen auch. Kritiker befürchten, dass durch den Ökotourismus große Menschenmengen in abgelegene Gegenden gebracht werden Die Folge sind zum Teil massive Umweltzerstörungen. Für diese Kritiker ist Ökotourismus Teil des Problems – und nicht der Lösung.

Ein weiterer Punkt: In vielen Fällen hat die lokale Bevölkerung keinerlei Mitspracherechte bei Ökotourismus-Projekten. Etwa bei der Schaffung von Nationalparks, die Kritiker spöttisch als „Abenteuerspielplatz für Urlauber“ bezeichnen. Mitunter würden Einheimische durch diese Parks buchstäblich um ihr Land und ihre Existenz gebracht

Und schließlich das Geld: Auch bei Ökoreisen ist keinesfalls immer gewährleistet, dass die lokale Bevölkerung ausreichend mitverdient. Und selbst wenn Einheimische finanziell profitieren – so können sie in kultureller Hinsicht verlieren. Kritiker beobachten in einigen Regionen gar eine Art Ausverkauf indigener Kulturen durch die zunehmende Kommerzialisierung. Etwa wenn uralte Rituale für zahlungskräftige Touristen ständig wiederholt werden und dadurch ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren.

Ist der nachhaltige Tourismus also gar nicht nachhaltig? Und woran erkennt man nun „echten“ Ökotourismus? Orientierung geben soll ein neues Qualitätssiegel, das vom „Forum Anders Reisen“ verliehen wird. Auf der Internationalen Tourismusbörse im März dieses Jahr in Berlin haben die ersten Reiseveranstalter dieses Zertifikat erhalten. Sie sind nun "CSRcertified". Das heißt, sie zeichnen sich durch unternehmerische Verantwortung oder Corporate Social Responsibility – kurz CSR – aus.

Ob diese Zertifikat wirklich Abhilfe schafft und wie aussagekräftig es ist, muss sich zeigen. Vorrest hilft eines: Selber kritisch nachfragen und genau hinschauen, ob es sich bei einer Öko-Reise auch nicht um eine Mogelpackung handelt.