Quergelesen

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Magnus Klaue: "Bürgerliche Kälte" - Zur Aporie historischen Eingedenkens in der Kritischen Theorie

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01:00:34 h, 62 MB, mp3
mp3, 144 kbit/s, Stereo (22050 kHz)
Upload vom 30.12.2012 / 18:08

Dateizugriffe: 806

Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Kultur, Politik/Info
Serie: Quergelesen
Entstehung

AutorInnen: redaktion quergelesen
Kontakt: quergelesen(at)querfunk.de
Radio: Querfunk, Karlsruhe im www
Produktionsdatum: 30.12.2012
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
"Bürgerliche Kälte"
Zur Aporie historischen Eingedenkens in der Kritischen Theorie

Vortrag vom 13.12.2012 – Uni Jena

Daß die „Dialektik der Aufklärung“ an ihren „schwärzesten Stellen“ vor der „These der Gegenaufklärung“ resigniere, daß der Schrecken sich nicht abschaffen lasse, und zu einer negativen Geschichtsmetaphysik zu gerinnen drohe, hat bereits Jürgen Habermas 1963 festgestellt. Es war sein Entrebillet ins Racket der Nachlaßverweser des Erbes von Horkheimer, Benjamin und Adorno, das seinen Aufstieg zum Chefphilosophen der neudeutschen Zivilgesellschaft ermöglichte. Doch auch bei Leuten, die keiner Sympathie mit Habermas verdächtig sind, ist die Behauptung populär, dass die „Dialektik der Aufklärung“ und die „Negative Dialektik“ durch ihre Hypostasierung der negativen Totalität des Geschichtsprozesses jede empathische Identifikation mit „den Opfern“ unmöglich machten, ja die Differenz zwischen Tätern und Opfern gar nicht mehr denken könnten. Gegenüber diesem verschämten Abschied von der Kritischen Theorie, der sich neuerdings auf Jean Améry beruft, soll der Vortrag zeigen, daß die Verweigerung einer gefühligen Identifikation mit den Opfern der Shoah und die „kalte“ Vernachlässigung des empirischen Einzelschicksals bei Adorno sich selbst als Konsequenz historischen Eingedenkens angesichts eines Menschheitsverbrechens verstehen lassen, das den Begriff des „Einzelschicksals“ bis ins Innerste fragwürdig gemacht hat. Gerade deshalb hat die frühe Kritische Theorie vom Opfergedenken einen verbindlicheren Begriff als die seither entstandene nationale Gendenkkultur, die „die Opfer“ nicht empathisch genug betrauern kann, um umso gründlicher zu vergessen, woran sie erinnern und wozu zu sie auffordern.