Feministische Herrschaftskritik und Literatur: Die Schwarze Botin

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Die Zeitschrift "Die Schwarze Botin" erschien von 1976 bis 1987 in 31 Ausgaben. Diese Zeitschrift zeichnete sich durch einen Anspruch auf Radikalität und Negativität aus, formulierte eine feministische Kritik am Feminismus und kam äußerst stilbewusst daher.

Katharina Lux (u.a. "Outside the Box") wird am 07.06.2018 in der ACC Galerie Weimar einen Vortrag über "Die Schwarze Botin" halten. Im Gespräch mit Radio Corax rekonstruiert sie die Entstehung und Entwicklung der Frauenbewegung, aus der heraus "Die Schwarze Botin" entstand. Zunächst fragten wir sie, wie sie auf die Zeitschrift gestoßen ist.

Weitere Infos zum Vortrag: http://spektakel.blogsport.de/2018/03/02...
Audio
31:49 min, 51 MB, mp3
mp3, 224 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.06.2018 / 19:37

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Frauen/Lesben, Politik/Info
Serie: CX - Corax - Feminismus - Gender
Entstehung

AutorInnen: Tagesaktuelle Redaktion
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 06.06.2018
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
In Mitten der Revolte von 1968 und des Auflösungsprozesses des SDS nahm die Frauenbewegung mit der Gründung sozialistischer Frauengruppen wie dem Aktionsrat zur Befreiung der Frau und dem Frankfurter Weiberrat ihren Anfang. Das Ziel der Linken, alle Verhältnisse umzuwälzen, in denen der Mensch ein geknechtetes Wesen ist, verfolgte die Frauenbewegung konsequent: Kein Verhältnis – auch nicht das hierarchische Geschlechterverhältnis – sollte so bleiben wie es war. Bis Mitte der 1970er Jahre gründeten sich zahlreiche Frauenzentren und Frauengesundheitszentren, Selbsterfahrungsgruppen und Zeitschriften, die autonom von den gemischtgeschlechtlichen Gruppen der Linken, den Parteien und Gewerkschaften agierten. Sie waren die Orte, an denen eine gemeinsame Sprache gesucht und Erfahrungen geteilt, Begriffe und Theorien entwickelt und diskutiert wurden. Als Organe der Selbstverständigung und Kommunikation gründeten sich 1976/77 drei der wichtigen überregionalen Zeitschriften der autonomen Frauenbewegung, wenn auch mit unterschiedlichen Zielen: Courage. Berliner Frauenzeitung, Emma und Die Schwarze Botin.

Herausgeberin der Schwarzen Botin war die Historikerin Brigitte Classen. In der Redaktion arbeiteten neben Classen in unterschiedlicher Besetzung die Journalistin und spätere Schriftstellerin Gabriele Goettle, die Juristin Branka Wehowski, die Schriftstellerin Elfriede Jelinek und die Übersetzerin Marie-Simone Rollin mit. Ab 1983 war die Architektin Marina Auder Verlegerin der Zeitschrift. Bis zur letzte Ausgabe 1987 erschien die Schwarze Botin einunddreißig Mal in einer Auflage zwischen 3000 und 5000 Exemplaren. Die Zeitschrift versammelt wissenschaftliche Aufsätze, Essays, literarische Texte und Gedichte, Collagen, Glossen und satirische Kommentare. Sie lässt sich nicht eindeutig zuordnen: Sie ist weder ein wissenschaftliches Journal im akademischen Sinne, noch eine reine Literaturzeitschrift, noch ist sie eine Szene-Zeitschrift der Frauenbewegung, in der Informationen über Frauenzentren und Frauenfeste veröffentlicht werden, wie es in anderen Zeitschriften der autonomen Frauenbewegung der Fall war. Eindeutig aber ist die Zeitschrift in ihrem Anspruch, der „kritischen Auseinandersetzung mit feministischer Theorie und Praxis einerseits und der Zerstörung patriarchalischen Selbstverständnisses andererseits“ (Die Schwarze Botin) dienen zu wollen. Feministische Ideologiekritik war für die Zeitschrift die Kritik des gesellschaftlichen Bewusstseins und damit auch die (Selbst)Kritik des feministischen Bewusstseins. Was die Zeitschrift zu einem ungewöhnlichen Zeugnis ihrer Zeit macht, ist jedoch weniger die feministische Kritik des Feminismus als vielmehr die Mittel und der Modus der Kritik: Die Ideologiekritik der Schwarzen Botin vereinte provokative Satire und das Beharren auf der Negativität der Kritik.

Katharina Lux wird in ihrem Vortrag das bis heute Bestechende sowie die Begrenztheit der feministischen Ideologiekritik der Schwarzen Botin diskutieren.