Wer behindert hier wen? Ein Besuch in den Oberlin-Werkstätten für Menschen mit Behinderung auf der Halbinsel Hermannswerder in Potsdam

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Anmod: Bei Bewerbungen abgelehnt zu werden ist hart. Natürlich gibt es immer Leute, die manche Dinge besser können. Doch wie fühlt es sich an, wenn nicht Deine Fähigkeiten entscheidend sind, sondern die gesellschaftliche Wahrnehmung Deines Körpers, Deiner Stimme?

Johanna Schwartz und Maren Besler haben die Oberlin-Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Potsdam Hermannswerder besucht und dort mit dem IT-Spezialisten Dennis über Ausbildung, Bewerbung und Inklusion gesprochen.
Audio
02:36 min, 6096 kB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 14.11.2019 / 09:16

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Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt
Entstehung

AutorInnen: Johanna Schwartz, Maren Besler
Radio: Frrapo, Potsdam im www
Produktionsdatum: 05.11.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Artikel 3 des Grundgesetzes. Auf diesen Artikel des Grundgesetzes berufen sich die Bewohner der Oberlin-Werkstätten für Menschen mit Behinderung auf der Halbinsel Hermannswerder in Potsdam. Dennis Heincke ist 39 jahre alt. Er klagte zehn Jahre lang für ein selbstbestimmtes Leben mit Behinderung.

Wir sind heute in der Oberlin-Werkstatt in Potsdam zu Besuch und treffen dabei auf Dennis.

Dennis Heincke: „Also mein Name ist Dennis Heincke. Ich bin 39 Jahre. Bin seit gut einem Monat hier.“

Dennis stieß immer auf Ablehnung von der Gesellschaft. Trotz zahlreicher Bewerbungen im IT-Bereich wurde er abgelehnt.

Dennis Heincke: „Ich habe Bewerbungen geschrieben mit meiner Behinderung drin. Da wurde ich gar nicht eingeladen. Bei Bewerbungen ohne Behinderung wurde ich eingeladen, aber eigentlich, ja, behandelt wie so … . Wieso wollen Sie hier arbeiten?“

Seine Aktivitäten im IT-Bereich möchte Dennis gerne ausbauen.

Dennis Heincke: „Das macht vollkommen Spaß.“

Die Werkstatt gab ihm die Chance, die ihm Arbeitgeber auf dem regulären Arbeitsmarkt verwehrt haben.

Dennis Heincke: „Auf dem Papier ist alles schön und es gibt so ein paar Pilotprojekte, da ist das auch immer super doll und wenn dann einer mal, so wie ich, ein bisschen aus der Reihe tanzt und sagt: Hier, aber ich hätte eigentlich auch Anspruch auf das Gleiche in Dunkelgrün, da wird gesagt: Mmh, das geht so nicht. Und vor allem, wenn sie das leben als freier selbstständiger Mensch nicht kennen, dann wissen sie auch gar nicht, wofür sie da kämpfen. Ohne Ziel zu kämpfen ist immer schwierig. Ich kannte halt das Leben. Ich wusste, was ich am Ende wollte.“

Dennis hat einen großen Wunsch.

Dennis Heincke: „Ich würde mir wünschen, dass, politisch gesehen, die Inklusion nicht nach der Ausbildung aufhört. Also, weil bis zum Ende der Ausbildung wird alles gemacht. Da wird Geld investiert. […] Nach der Ausbildung ist plötzlich Schluss.“

Das Gespräch mit Dennis hat bei uns Fragen aufgeworfen. Ist Dennis' Schicksal moralisch vertretbar? Welchen Stellenwert hat Inklusion in unserer Gesellschaft?“ Das, was wir jetzt angefangen haben, Stimmen von Menschen hörbar machen, die sonst kein Gehör finden, kann für dieses Thema sensibilisieren.