Freie, beständige Liebe - eine Hochzeit im Belmarsh Prison
ID 115140
Deutsche Übersetzung des Berichts von Craig Murray über die Hochzeit von Julian Assange und Stella Moris im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.
Audio
13:48 min, 19 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 20.04.2022 / 13:25
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Dateizugriffe: 1022
Klassifizierung
tipo: Feature
idioma: deutsch
áreas de redacción: Politik/Info, Religion, Internationales, Wirtschaft/Soziales
serie: mikro.FM
Entstehung
autoras o autores: mikro.fm
Radio: Freies Radio Berlin, Berlin
fecha de producción: 19.04.2022
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Moderationsvorschlag (Beitrag enthält nur den Text von Murray, nur mit Titel, OHNE Einleitung)
Hochzeiten gelten den einen als der schönste Tag im Leben, andere finden Hochzeiten überflüssig, oder sehen in ihnen gar überkommenen Kitsch.
Aber wenn mit Vivienne Westwood die Erfinderin der Punk-Mode beteiligt ist? Und wenn ein früherer britischer Diplomat, der aus Protest gegen den Irak-Krieg seinen Dienst quittierte, als Trauzeuge auftritt? Und wenn die Trauung selbst in einem Hochsicherheitsgefängnis stattfindet? - Weil der Bräutigam Kriegsverbrechen öffentlich gemacht hat - und darum nun an die USA ausgeliefert werden soll? Und wenn es von dieser Hochzeit gar keine Bilder gibt, weil es von ihr keine geben darf?
Craig Murray jedenfalls war, allen Widrigkeiten zum Trotz, einer der nur 4 Gäste der Trauungszeremonie von Julian Assange und Stella Moris. Hier sein Bericht, erstmals in deutscher Sprache.
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dt. Übersetzung von https://www.craigmurray.org.uk/archives/...
Freie, beständige, Liebe - von Craig Murray (Übersetzung: mikro.fm)
Ein billiger, weißer, aufgebockter Tisch, dessen dünne Platte in der Mitte leicht nach unten gebogen war, wie bei einer aus Sägespänen und Leim bestehenden Spanplatte, mit einer oben aufgeklebten Plastikfolie und an den Seiten aufgeklebten Plastikstreifen, das ganze auf vier schmalen, röhrenförmigen Beinen aus schwarzem Metall. Darauf stand ein Register. Davor stand Stella Moris und sah wunderschön und vor Entzücken heiter aus. Sie trug ein atemberaubendes Kleid in hellem Flieder, das Vivienne Westwood für sie entworfen hat. Es zeigte einen sanften Satinschimmer und wirkte sowohl üppig als auch eng geschnitten, mit einem weit fallenden Jackenabschnitt, der in eine Wespentaille eintauchte, in die, wie auch immer sie sich darin bewegte, die scheinbar weichen Wogen nie eindrangen.
Aus der Nähe betrachtet waren die Details des Kleides außergewöhnlich. Die Cloisonne-Knöpfe ware von Vivienne eigens für dieses Kleid entworfen und in Auftrag gegeben worden - sie selbst hatte eine Botschaft der Unterstützung, der Solidarität und der Liebe auf eine Bahn gestickt. Der lange Schleier war ebenfalls handbestickt, mit leuchtend bunten Wörtern, die quer über die Gaze liefen. Es waren dies Worte, die von Julian als Beschreibung der Kraft der Liebe ausgewählt worden waren, und zwar in der Handschrift enger Freunde und Familienmitglieder, die nicht im Gefängnis sein konnten, einschließlich Stellas 91-jährigem Vater. Ich bin stolz, sagen zu können, dass eine dieser Handschriften die meine war, mit dem Wort "inexorable" -„unerbittlich“. Es war augenscheinlich genau so gestickt, wie ich es geschrieben hatte, was die Tatsache bezeugt, dass niemand hätte sagen können, was denn genau dort stand. Julian hatte für die Hochzeit das Motto „freie, beständige Liebe“ gewählt.
An Stellas Seite stand Julian Assange, den sie mir gegenüber als "simply the love of my life” - „einfach die Liebe meines Lebens“ bezeichnet hatte. Er trug ein Kilt, mit Hemd, Krawatte und Weste, ebenfalls eigens von Vivienne Westwood entworfen, in einem auf Lila basierenden Tartan, mit Handstickereien, Schnürung und Cloisonne-Knöpfen. Im Gegensatz zu Stellas Kleid, das sie uns später im Detail zeigen sollte, habe ich den Kilt nicht gesehen, mir wurde aber gesagt, dass das Design relativ traditionell ausfiel.
Zu Beginn der Zeremonie gab es eine zweiminütige Verzögerung, da Julian keinen Sporran hatte - den traditionell aus Leder oder Fell gefertigen, und vor dem Kilt getragenen Geldbeutel - aber sein Bruder Gabriel, der zum ersten Mal in voller Hochlandkleidung strahlte, nahm seinen eigenen Sporran ab und legte ihn Julian an. Sowohl Julian als auch Gabriel sind durchaus stolz auf ihr schottisches Erbe, das jeweils von ihren Müttern herrührt.
Die britischen Behörden ihrerseits hatten alles getan, was sie konnten, um diese Hochzeit zunächst zu verhindern und dann zu unterminieren. Die Erlaubnis zur Eheschließung war formell 2020 erstmalig beim Gefängnisdienst beantragt worden. Am Ende war sie nur mit Hinzuziehung von Anwälten und unter Androhung rechtlicher Schritte erteilt worden. Es folgte eine ganze Liste von Widersprüchen, auf die ich nicht näher eingehen werde, - ein kleines Beispiel dafür wäre, wie sie versucht hatten, mich erst von der Hochzeit auszuschließen, um anschließend darüber zu lügen.
Aber jetzt, am Hochzeitstag, freute sich das normale Personal des Gefängnisses, Gastgeber einer so fröhlichen Veranstaltung zu sein. Die Durchsuchungen der Braut fielen ausgesprochen symbolisch und freundlich aus. Bei der Sicherheitskontrolle schaffte es Julians und Stellas dreijähriger Sohn Max, sich derart um die Beine eines Wärters zu wickeln, dass dieser umfiel und nun der große Wächter und der kleine Junge sich einen lustigen Scheinkampf auf dem Boden lieferten. Die Wachen, die Stella durch das Gefängnis führten, taten so, als wären sie die Eskorte einer Königin.
Tore und Stahltüren öffneten sich vor der Prozession und wurden hinter ihr wieder verschlossen, bis sie tief in den Eingeweiden dieses Hochsicherheitsgefängnisses gelangte, in einen nichtssagenden Raum mit schlichten magnolienfarbenen Wänden. Dieser bedrückende und vollkommen fensterlose Raum war etwa 4 1/2 x 6 Meter groß und wird sonst als Lagerraum für die angrenzend untergebrachte Seelsorge genutzt. Im hinteren Teil des Raums befanden sich ein Haufen muslimischer Gebetsteppiche, Kisten mit rot ummantelten christlichen Gesangbüchern, Stapel billiger Stühle und zusammengeklappter Böcke.
Daraus war dieser eine billige Tisch aufgebockt worden, davor stand eine einzelne Reihe von acht Stühlen. Anwesend waren Julian und Stella und ihr erlaubtes Limit von sechs geladenen Gästen. Dies waren Stellas Mutter Teresa und Bruder Adrian, Julians Vater John, sein Bruder Gabriel und die beiden Kinder von Julian und Stella, Gabriel (4) und Max (3). Eine der Schikanen war, dass das britische Justizministerium entgegen dem ursprünglichen Rat des Gefängnisses darauf bestanden hatte, dass die zwei Knirpse auf die Sechs-Personen-Grenze angerechnet werden mussten.
Ebenfalls im Raum waren der Standesbeamte, der die standesamtliche Trauung durchführte, der katholische Kaplan und zwei Gefängniswärter, einer für jede Tür. Julian konnte jedes seiner Familienmitglieder bei ihrer Ankunft umarmen und in die Arme schließen, obwohl das sehr gegen die Regeln verstieß. Eine solche Art körperlicher Nähe - physical comfort- wird er sich seit Jahren gewünscht haben, - alle hatten Tränen in den Augen. Julians Vater John war von dessen Aussehen alarmiert. Julian war eine gebeugte Gestalt und besorgniserregend dünn, obwohl er in diesem Moment offensichtlich sehr glücklich war.
Die Feier ging weiter, wie es solche Feiern tun, sie überwand die düstere Umgebung. Für eine gewisse Erleichterung sorgte auch der kleine Gabriel, der herumlief und damit drohte, nacheinander die beiden Alarmknöpfe des Raums zu drücken, was wiederum die Wachen zwang, ihn auf eine allerdings spielerische Weise herumzujagen. Max, der von der Langsamkeit enttäuscht war, mit der der versprochene Kuchen erscheinen sollte, war in der Hüfte gebeugt eingeschlafen, mit den Füßen auf dem Boden und dem Kopf auf dem Stuhl, so wie es nur kleine Kinder können.
Jeder Person bei der Hochzeit wurde nun vom Standesbeamten zugestanden, sich zu erheben und einige Worte über das Ereignis und das Brautpaar zu sagen. Nachdem sie sich das Ja-Wort gegeben hatten und für verheiratet erklärt worden waren, wurde Julian aufgefordert, die Braut zu küssen, was vielleicht mit etwas mehr Begeisterung geschah, als dies bei solchen Gelegenheiten üblich ist; es ging so weit, dass Julians Bruder Gabriel der Braut zum Scherz Taschentücher anbot!
Im Anschluss an den rechtlichen Teil der Trauung erhielt das Paar einen Segen von dem katholischen Priester, dessen Freundschaft und spirituelle sowie emotionale Unterstützung für Julian während der Qualen der letzten Jahre von unschätzbarem Wert waren. Der Priester hatte ein Tischtuch und Kerzen mitgebracht, und plötzlich verwandelte sich der widerliche Tischbock in einen Altar. Der Priester achtete besonders darauf, dem Paar während der kurzen Zeremonie noch weitere Gelegenheiten zum Küssen zu geben. Dann war es plötzlich vorbei.
Die Behörden hatten darauf bestanden, dass keine Hochzeitsfotos gemacht werden durften, hatten aber schließlich zugestimmt, dass ein Gefängniswärter Fotos mit der gefängniseigenen Kamera machen durfte. Das Gefängnis wird Julian schließlich ein oder zwei Abzüge von Fotos ihrer Wahl geben, unter der Bedingung, dass sie niemals veröffentlicht werden oder in die Öffentlichkeit gelangen dürfen.
Nach Angaben der Behörden erfolgt diese Untersagung, weil Fotos „die Sicherheit des Gefängnisses gefährden könnten“. Das ist schlicht barer Unsinn. Denn wie sollte das Bild eines Brautpaares, das in einem schlichten Lagerraum ohne Fenster steht, die Sicherheit des Gefängnisses gefährden?
Das Belmarsh-Gefängnis ist bereits umfassend abgebildet worden, einschließlich Drohnenaufnahmen des gesamten Gefängnisses und umfangreicher Aufnahmen der Innenräume, einschließlich der sichersten Bereiche, und zwar in mehreren Dokumentarfilmen, unter anderem vom Rechtspopulisten Ross Kemp, bei denen das Justizministerium seinerzeit voll kooperiert hatte.
Die Unehrlichkeit oder Würderlosigkeit wiederum, sich darüber zu beschweren, dass Hochzeitsfotos ein Sicherheitsrisiko darstellen, ist ein gefühlloser und arroganter Akt von Behörden, die erwarten, dass sie niemals zur Rechenschaft gezogen werden können.
Die Wahrheit ist, dass das Establishment über Jahre hinweg fortgesetzte Anstrengungen unternommen hat, um Julian in der Öffentlichkeit zu entmenschlichen. Dazu gehören falsche Anschuldigungen, lächerliche Medienberichte darüber, dass er etwa nicht die Toilette gespült hat, sowie gefälschte Behauptungen, dass sein Journalismus Leben gefährde. Sie wollen einfach jede öffentliche Darstellung von Julian, dem realen Menschen, vermeiden, also alles, was ihren Drang zur Dämonisierung in Frage stellen könnte. Hochzeitsfotos würden niemals eine Gefahr für das Gefängnis darstellen, wohl aber eine Gefahr für das staatliche Narrativ.
Dies ist natürlich derselbe Grund, warum der mit dem Pullitzer-Preis ausgezeichnete Journalist Chris Hedges und ich vom Justizministerium mit einem Veto von der ursprünglichen Gästeliste ausgeschlossen worden waren. Sie wollten keine Worte oder Bilder, aus denen die Liebe des Augenblicks hervorginge oder in denen die Freude der Familie deutlich würde. Sie konnten mich jedoch nicht daran hindern, mit Stella und allen Gästen, die dort waren, zu sprechen und nun Ihnen oder dir dieses Porträt in Worten zu geben.
Nach der Trauung wurde Julian und Stella erlaubt, Zeit miteinander verbringen – was bedeutete, dass sie in den normalen Besuchsraum des Gefängnisses gebracht wurden, wo sie sich eine halbe Stunde lang inmitten der anderen Gefangenen unterhalten konnten, die gerade ihre Besucher empfingen, wieder unter den Bedingungen der normalen Überwachung und des Berührungsverbots. Es muss dies ein schrecklicher Schock gewesen sein, auf den der noch schlimmere Schock folgen sollte, unmittelbar nach der Hochzeit von dem Menschen, den du liebst, getrennt zu werden.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie sich das anfühlt; Ich vermute, dass das nur wenige können. Die Ehe von Stella und Julian ist in der Tat ein Zeugnis der Kraft der Liebe, der Kraft der Hoffnung und der menschlichen Widerstandskraft. Erst in der vorangegangenen Woche wurden ihre Hoffnungen zum x-ten Mal zerstört, als der Oberste Gerichtshof sich weigerte, Julians Fall gegen die Einigung des Obersten Gerichtshofs mit der US-Beschwerde über seine Auslieferung anzuhören. Julian drohen möglicherweise 175 Jahre Gefängnis nach dem US-Spionagegesetz, weil er die Kriegsverbrechen genau des Staates aufgedeckt hat, der versucht, ihn ausliefern zu lassen. Wie Stella sagte, ist angesichts dessen zu heiraten sowohl eine Widerstandshandlung als auch eine Liebeserklärung - both an act of resistance and an assertion of love.
Der Rechtsstreit geht weiter, und wir werden am Ende gewinnen.
Diejenigen von uns, die Wert auf Frieden, Liebe und Freiheit legen, erleben nicht oft das Gefühl, dass wir gewinnen. Aber wir erleben Tage, an denen wir in der Bekräftigung unserer Werte triumphieren können. Eben das haben Stella und Julian getan. Eben dieser schlichte weiße Tisch war Zeuge von etwas, das romantischer war, als der ganze Quatsch königlicher Hochzeiten und Hochaltäre.
In Julians Worten „freie, beständige, Liebe“ - free enduring love.
Dies können sie mit ihren Stahltüren und Eisengittern nicht verhindern.
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Mit dankbarem Dank an diejenigen, die gespendet oder abonniert haben, um diese Berichterstattung zu ermöglichen. Dieser Artikel darf, wie alle Inhalte meines Blogs, völlig frei vervielfältigt und veröffentlicht werden, auch in Übersetzung.
Hochzeiten gelten den einen als der schönste Tag im Leben, andere finden Hochzeiten überflüssig, oder sehen in ihnen gar überkommenen Kitsch.
Aber wenn mit Vivienne Westwood die Erfinderin der Punk-Mode beteiligt ist? Und wenn ein früherer britischer Diplomat, der aus Protest gegen den Irak-Krieg seinen Dienst quittierte, als Trauzeuge auftritt? Und wenn die Trauung selbst in einem Hochsicherheitsgefängnis stattfindet? - Weil der Bräutigam Kriegsverbrechen öffentlich gemacht hat - und darum nun an die USA ausgeliefert werden soll? Und wenn es von dieser Hochzeit gar keine Bilder gibt, weil es von ihr keine geben darf?
Craig Murray jedenfalls war, allen Widrigkeiten zum Trotz, einer der nur 4 Gäste der Trauungszeremonie von Julian Assange und Stella Moris. Hier sein Bericht, erstmals in deutscher Sprache.
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dt. Übersetzung von https://www.craigmurray.org.uk/archives/...
Freie, beständige, Liebe - von Craig Murray (Übersetzung: mikro.fm)
Ein billiger, weißer, aufgebockter Tisch, dessen dünne Platte in der Mitte leicht nach unten gebogen war, wie bei einer aus Sägespänen und Leim bestehenden Spanplatte, mit einer oben aufgeklebten Plastikfolie und an den Seiten aufgeklebten Plastikstreifen, das ganze auf vier schmalen, röhrenförmigen Beinen aus schwarzem Metall. Darauf stand ein Register. Davor stand Stella Moris und sah wunderschön und vor Entzücken heiter aus. Sie trug ein atemberaubendes Kleid in hellem Flieder, das Vivienne Westwood für sie entworfen hat. Es zeigte einen sanften Satinschimmer und wirkte sowohl üppig als auch eng geschnitten, mit einem weit fallenden Jackenabschnitt, der in eine Wespentaille eintauchte, in die, wie auch immer sie sich darin bewegte, die scheinbar weichen Wogen nie eindrangen.
Aus der Nähe betrachtet waren die Details des Kleides außergewöhnlich. Die Cloisonne-Knöpfe ware von Vivienne eigens für dieses Kleid entworfen und in Auftrag gegeben worden - sie selbst hatte eine Botschaft der Unterstützung, der Solidarität und der Liebe auf eine Bahn gestickt. Der lange Schleier war ebenfalls handbestickt, mit leuchtend bunten Wörtern, die quer über die Gaze liefen. Es waren dies Worte, die von Julian als Beschreibung der Kraft der Liebe ausgewählt worden waren, und zwar in der Handschrift enger Freunde und Familienmitglieder, die nicht im Gefängnis sein konnten, einschließlich Stellas 91-jährigem Vater. Ich bin stolz, sagen zu können, dass eine dieser Handschriften die meine war, mit dem Wort "inexorable" -„unerbittlich“. Es war augenscheinlich genau so gestickt, wie ich es geschrieben hatte, was die Tatsache bezeugt, dass niemand hätte sagen können, was denn genau dort stand. Julian hatte für die Hochzeit das Motto „freie, beständige Liebe“ gewählt.
An Stellas Seite stand Julian Assange, den sie mir gegenüber als "simply the love of my life” - „einfach die Liebe meines Lebens“ bezeichnet hatte. Er trug ein Kilt, mit Hemd, Krawatte und Weste, ebenfalls eigens von Vivienne Westwood entworfen, in einem auf Lila basierenden Tartan, mit Handstickereien, Schnürung und Cloisonne-Knöpfen. Im Gegensatz zu Stellas Kleid, das sie uns später im Detail zeigen sollte, habe ich den Kilt nicht gesehen, mir wurde aber gesagt, dass das Design relativ traditionell ausfiel.
Zu Beginn der Zeremonie gab es eine zweiminütige Verzögerung, da Julian keinen Sporran hatte - den traditionell aus Leder oder Fell gefertigen, und vor dem Kilt getragenen Geldbeutel - aber sein Bruder Gabriel, der zum ersten Mal in voller Hochlandkleidung strahlte, nahm seinen eigenen Sporran ab und legte ihn Julian an. Sowohl Julian als auch Gabriel sind durchaus stolz auf ihr schottisches Erbe, das jeweils von ihren Müttern herrührt.
Die britischen Behörden ihrerseits hatten alles getan, was sie konnten, um diese Hochzeit zunächst zu verhindern und dann zu unterminieren. Die Erlaubnis zur Eheschließung war formell 2020 erstmalig beim Gefängnisdienst beantragt worden. Am Ende war sie nur mit Hinzuziehung von Anwälten und unter Androhung rechtlicher Schritte erteilt worden. Es folgte eine ganze Liste von Widersprüchen, auf die ich nicht näher eingehen werde, - ein kleines Beispiel dafür wäre, wie sie versucht hatten, mich erst von der Hochzeit auszuschließen, um anschließend darüber zu lügen.
Aber jetzt, am Hochzeitstag, freute sich das normale Personal des Gefängnisses, Gastgeber einer so fröhlichen Veranstaltung zu sein. Die Durchsuchungen der Braut fielen ausgesprochen symbolisch und freundlich aus. Bei der Sicherheitskontrolle schaffte es Julians und Stellas dreijähriger Sohn Max, sich derart um die Beine eines Wärters zu wickeln, dass dieser umfiel und nun der große Wächter und der kleine Junge sich einen lustigen Scheinkampf auf dem Boden lieferten. Die Wachen, die Stella durch das Gefängnis führten, taten so, als wären sie die Eskorte einer Königin.
Tore und Stahltüren öffneten sich vor der Prozession und wurden hinter ihr wieder verschlossen, bis sie tief in den Eingeweiden dieses Hochsicherheitsgefängnisses gelangte, in einen nichtssagenden Raum mit schlichten magnolienfarbenen Wänden. Dieser bedrückende und vollkommen fensterlose Raum war etwa 4 1/2 x 6 Meter groß und wird sonst als Lagerraum für die angrenzend untergebrachte Seelsorge genutzt. Im hinteren Teil des Raums befanden sich ein Haufen muslimischer Gebetsteppiche, Kisten mit rot ummantelten christlichen Gesangbüchern, Stapel billiger Stühle und zusammengeklappter Böcke.
Daraus war dieser eine billige Tisch aufgebockt worden, davor stand eine einzelne Reihe von acht Stühlen. Anwesend waren Julian und Stella und ihr erlaubtes Limit von sechs geladenen Gästen. Dies waren Stellas Mutter Teresa und Bruder Adrian, Julians Vater John, sein Bruder Gabriel und die beiden Kinder von Julian und Stella, Gabriel (4) und Max (3). Eine der Schikanen war, dass das britische Justizministerium entgegen dem ursprünglichen Rat des Gefängnisses darauf bestanden hatte, dass die zwei Knirpse auf die Sechs-Personen-Grenze angerechnet werden mussten.
Ebenfalls im Raum waren der Standesbeamte, der die standesamtliche Trauung durchführte, der katholische Kaplan und zwei Gefängniswärter, einer für jede Tür. Julian konnte jedes seiner Familienmitglieder bei ihrer Ankunft umarmen und in die Arme schließen, obwohl das sehr gegen die Regeln verstieß. Eine solche Art körperlicher Nähe - physical comfort- wird er sich seit Jahren gewünscht haben, - alle hatten Tränen in den Augen. Julians Vater John war von dessen Aussehen alarmiert. Julian war eine gebeugte Gestalt und besorgniserregend dünn, obwohl er in diesem Moment offensichtlich sehr glücklich war.
Die Feier ging weiter, wie es solche Feiern tun, sie überwand die düstere Umgebung. Für eine gewisse Erleichterung sorgte auch der kleine Gabriel, der herumlief und damit drohte, nacheinander die beiden Alarmknöpfe des Raums zu drücken, was wiederum die Wachen zwang, ihn auf eine allerdings spielerische Weise herumzujagen. Max, der von der Langsamkeit enttäuscht war, mit der der versprochene Kuchen erscheinen sollte, war in der Hüfte gebeugt eingeschlafen, mit den Füßen auf dem Boden und dem Kopf auf dem Stuhl, so wie es nur kleine Kinder können.
Jeder Person bei der Hochzeit wurde nun vom Standesbeamten zugestanden, sich zu erheben und einige Worte über das Ereignis und das Brautpaar zu sagen. Nachdem sie sich das Ja-Wort gegeben hatten und für verheiratet erklärt worden waren, wurde Julian aufgefordert, die Braut zu küssen, was vielleicht mit etwas mehr Begeisterung geschah, als dies bei solchen Gelegenheiten üblich ist; es ging so weit, dass Julians Bruder Gabriel der Braut zum Scherz Taschentücher anbot!
Im Anschluss an den rechtlichen Teil der Trauung erhielt das Paar einen Segen von dem katholischen Priester, dessen Freundschaft und spirituelle sowie emotionale Unterstützung für Julian während der Qualen der letzten Jahre von unschätzbarem Wert waren. Der Priester hatte ein Tischtuch und Kerzen mitgebracht, und plötzlich verwandelte sich der widerliche Tischbock in einen Altar. Der Priester achtete besonders darauf, dem Paar während der kurzen Zeremonie noch weitere Gelegenheiten zum Küssen zu geben. Dann war es plötzlich vorbei.
Die Behörden hatten darauf bestanden, dass keine Hochzeitsfotos gemacht werden durften, hatten aber schließlich zugestimmt, dass ein Gefängniswärter Fotos mit der gefängniseigenen Kamera machen durfte. Das Gefängnis wird Julian schließlich ein oder zwei Abzüge von Fotos ihrer Wahl geben, unter der Bedingung, dass sie niemals veröffentlicht werden oder in die Öffentlichkeit gelangen dürfen.
Nach Angaben der Behörden erfolgt diese Untersagung, weil Fotos „die Sicherheit des Gefängnisses gefährden könnten“. Das ist schlicht barer Unsinn. Denn wie sollte das Bild eines Brautpaares, das in einem schlichten Lagerraum ohne Fenster steht, die Sicherheit des Gefängnisses gefährden?
Das Belmarsh-Gefängnis ist bereits umfassend abgebildet worden, einschließlich Drohnenaufnahmen des gesamten Gefängnisses und umfangreicher Aufnahmen der Innenräume, einschließlich der sichersten Bereiche, und zwar in mehreren Dokumentarfilmen, unter anderem vom Rechtspopulisten Ross Kemp, bei denen das Justizministerium seinerzeit voll kooperiert hatte.
Die Unehrlichkeit oder Würderlosigkeit wiederum, sich darüber zu beschweren, dass Hochzeitsfotos ein Sicherheitsrisiko darstellen, ist ein gefühlloser und arroganter Akt von Behörden, die erwarten, dass sie niemals zur Rechenschaft gezogen werden können.
Die Wahrheit ist, dass das Establishment über Jahre hinweg fortgesetzte Anstrengungen unternommen hat, um Julian in der Öffentlichkeit zu entmenschlichen. Dazu gehören falsche Anschuldigungen, lächerliche Medienberichte darüber, dass er etwa nicht die Toilette gespült hat, sowie gefälschte Behauptungen, dass sein Journalismus Leben gefährde. Sie wollen einfach jede öffentliche Darstellung von Julian, dem realen Menschen, vermeiden, also alles, was ihren Drang zur Dämonisierung in Frage stellen könnte. Hochzeitsfotos würden niemals eine Gefahr für das Gefängnis darstellen, wohl aber eine Gefahr für das staatliche Narrativ.
Dies ist natürlich derselbe Grund, warum der mit dem Pullitzer-Preis ausgezeichnete Journalist Chris Hedges und ich vom Justizministerium mit einem Veto von der ursprünglichen Gästeliste ausgeschlossen worden waren. Sie wollten keine Worte oder Bilder, aus denen die Liebe des Augenblicks hervorginge oder in denen die Freude der Familie deutlich würde. Sie konnten mich jedoch nicht daran hindern, mit Stella und allen Gästen, die dort waren, zu sprechen und nun Ihnen oder dir dieses Porträt in Worten zu geben.
Nach der Trauung wurde Julian und Stella erlaubt, Zeit miteinander verbringen – was bedeutete, dass sie in den normalen Besuchsraum des Gefängnisses gebracht wurden, wo sie sich eine halbe Stunde lang inmitten der anderen Gefangenen unterhalten konnten, die gerade ihre Besucher empfingen, wieder unter den Bedingungen der normalen Überwachung und des Berührungsverbots. Es muss dies ein schrecklicher Schock gewesen sein, auf den der noch schlimmere Schock folgen sollte, unmittelbar nach der Hochzeit von dem Menschen, den du liebst, getrennt zu werden.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie sich das anfühlt; Ich vermute, dass das nur wenige können. Die Ehe von Stella und Julian ist in der Tat ein Zeugnis der Kraft der Liebe, der Kraft der Hoffnung und der menschlichen Widerstandskraft. Erst in der vorangegangenen Woche wurden ihre Hoffnungen zum x-ten Mal zerstört, als der Oberste Gerichtshof sich weigerte, Julians Fall gegen die Einigung des Obersten Gerichtshofs mit der US-Beschwerde über seine Auslieferung anzuhören. Julian drohen möglicherweise 175 Jahre Gefängnis nach dem US-Spionagegesetz, weil er die Kriegsverbrechen genau des Staates aufgedeckt hat, der versucht, ihn ausliefern zu lassen. Wie Stella sagte, ist angesichts dessen zu heiraten sowohl eine Widerstandshandlung als auch eine Liebeserklärung - both an act of resistance and an assertion of love.
Der Rechtsstreit geht weiter, und wir werden am Ende gewinnen.
Diejenigen von uns, die Wert auf Frieden, Liebe und Freiheit legen, erleben nicht oft das Gefühl, dass wir gewinnen. Aber wir erleben Tage, an denen wir in der Bekräftigung unserer Werte triumphieren können. Eben das haben Stella und Julian getan. Eben dieser schlichte weiße Tisch war Zeuge von etwas, das romantischer war, als der ganze Quatsch königlicher Hochzeiten und Hochaltäre.
In Julians Worten „freie, beständige, Liebe“ - free enduring love.
Dies können sie mit ihren Stahltüren und Eisengittern nicht verhindern.
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