Erfassen, Bewerten, Lenken: Warum die Technologisierung der Gesellschaft ein Angriff auf unsere Selbstbestimmung ist
ID 87827
Neben der Frage nach der Möglichkeit einer solidarischen Technologie diskutieren wir auch die Hintergründe bei den neuesten Entwicklungen von Amazon, und besprechen die Notwendigkeit einer autarken Kommunikation (nicht nur für politische Anlässe)
https://capulcu.blackblogs.org/
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Audio
23:56 min, 22 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 04.03.2018 / 18:11
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Dateizugriffe: 4872
Klassifizierung
Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Arbeitswelt, Wirtschaft/Soziales, Andere
Serie: Resonanz Con(tra)sens
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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Skript
"Technologie ist nie neutral, sondern immanent politisch." (Çapulcu) / Bereitwillig teilen Kund*innen und Nutzer*innen ihre Daten und ihr Geld, um mehr Daten und Geld zu produzieren und finanzieren so ihre eigene Fremdbestimmung.
Hinter Big Data stehen in Europa in erster Linie ökonomische Interessen.
Erst kommt das Sammeln von Daten, danach die Manipulation.
Wenn Daten gesammelt werden, geschieht das nicht ohne ein bestimmtes Interesse. Die Akteure der Digitalisierung und Technologisierung sind vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen wie Amazon, Google, Facebook. Dabei steht aber nicht nur die Vereinfachung von Arbeitsprozessen und von alltäglichen Vorgängen wie Einkaufen im Vordergrund, sondern die eigene Profitmaximierung. Die Erfindung einer Technik ist dabei abzugrenzen von einer Technologisierung, die auf der Erfassung und Bewertung allerlei persönlicher Daten basiert: Arbeitsleistungen, Einkaufsmuster, Lebensgewohnheiten, Kommunikationswege werden vermessen und die Daten einer Statistik zugeführt. Auf dieser Basis werden Normen errechnet, die zur Bewertung persönlicher Lebensstile führt und zur "Entwertung" abweichender Verhaltensmuster. Es geht also um Verwertung ganz allgemein: Unternehmen machen sich die gesammelten Daten zueigen, und Betriebe "rationalisieren" ihre Arbeitsprozesse. Dahinter steht ein Profitinteresse, welches der Autonomie der Menschen entgegensteht. Big Data hilft dem Kapitalismus, sich schnell zu erneuern, ist aber auch abgekoppelt vom einbettenden Wirtschaftssystem kritisch zu betrachten: allein schon die Entblößung der individuellen Merkmale, zur (Selbst-)Optimierung erfasst, sind ein technologischer Angriff auf die Selbstbestimmung.
Die Auswertung von statistischen Daten findet in fast allen Bereichen Anwendung, zum Beispiel in der dynamischen Preisanpassung bei Versicherungstarifen - je nach Ernährungs- und Lebensgewohnheiten - oder im Supermarkt - angepasst an die individuelle Kaufkraft und Bedarf. Dabei spielt auch die anvisierte Abschaffung von Bargeld eine essentielle Rolle, denn nur so können Einkaufsgewohnheiten genau mitgeschnitten werden. Um bei nicht-normativem Verhalten nicht entwertet zu werden, oder um den eigenen "Sozialkredit" möglichst hoch zu halten, steigt der Anpassungsdruck auf den Menschen. Während in China die staatliche und soziale Kontrolle bereits über Social Scoring gehandhabt wird, können sich die persönlichen social-media-Kontakte hier beispielsweise auf die Wohnungssuche auswirken. Eine Regulierung von sozialen Fragen über technokratische Mittel führt zur Lenkung und Manipulation der IT-Nutzer*innen. Das Zusammenspiel von Big Data aus allen Bereichen ist die Grundlage des "technologischen Angriffs".
Dabei besteht eine fundamentale Kritik an der Technologisierung der Gesellschaft auch darin, dass kausale Zusammenhänge eine kleinere Rolle spielen als (zufällige) statistische Korrelationen. Ohne in irgendeiner Weise theoriegeleitet bzw. wissenschaftsorientiert zu sein, wird unser Zusammenleben von Abermillionen gesammelten Daten gelenkt.
Über die Herrschaftsförmigkeit der Technologisierung sprach Lars von der Gruppe Çapulcu in dem Vortrag:
"Disrupt! Widerstand gegen den technologischen Angriff."
Darin wird die Dominanz von rein technologischen Ansätzen historisch eingeordnet und einer grundlegenden Kritik aus linksradikaler Perspektive unterzogen. Folgende Themen werden angesprochen:
* Algorithmen als digitale Fließbänder von heute
* der Anpassungsdruck des Menschen an die Maschine
* verschiedene Techniken zur Persönlichkeitsanalyse und deren Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt
* Social Scoring un d die Auswirkungen auf dem Wohnungsmark t
* die Veränderung der Arbeitswelt durch On-Demand-Leistungen
* die Rolle von Bezahlsystemen bei der Veränderung von Preissystemen
* die Gefährdung des Solidaritätsprinzips durch normative Kraft aus Big Data
* die Notwendigkeit und Möglichkeiten zum Widerstand gegen die totale Erfassung.
Danach hat Resonanz Con(tra)sens mit Lars ein Interview geführt.
http://www.wueste-welle.de/sendung/view/...
Hinter Big Data stehen in Europa in erster Linie ökonomische Interessen.
Erst kommt das Sammeln von Daten, danach die Manipulation.
Wenn Daten gesammelt werden, geschieht das nicht ohne ein bestimmtes Interesse. Die Akteure der Digitalisierung und Technologisierung sind vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen wie Amazon, Google, Facebook. Dabei steht aber nicht nur die Vereinfachung von Arbeitsprozessen und von alltäglichen Vorgängen wie Einkaufen im Vordergrund, sondern die eigene Profitmaximierung. Die Erfindung einer Technik ist dabei abzugrenzen von einer Technologisierung, die auf der Erfassung und Bewertung allerlei persönlicher Daten basiert: Arbeitsleistungen, Einkaufsmuster, Lebensgewohnheiten, Kommunikationswege werden vermessen und die Daten einer Statistik zugeführt. Auf dieser Basis werden Normen errechnet, die zur Bewertung persönlicher Lebensstile führt und zur "Entwertung" abweichender Verhaltensmuster. Es geht also um Verwertung ganz allgemein: Unternehmen machen sich die gesammelten Daten zueigen, und Betriebe "rationalisieren" ihre Arbeitsprozesse. Dahinter steht ein Profitinteresse, welches der Autonomie der Menschen entgegensteht. Big Data hilft dem Kapitalismus, sich schnell zu erneuern, ist aber auch abgekoppelt vom einbettenden Wirtschaftssystem kritisch zu betrachten: allein schon die Entblößung der individuellen Merkmale, zur (Selbst-)Optimierung erfasst, sind ein technologischer Angriff auf die Selbstbestimmung.
Die Auswertung von statistischen Daten findet in fast allen Bereichen Anwendung, zum Beispiel in der dynamischen Preisanpassung bei Versicherungstarifen - je nach Ernährungs- und Lebensgewohnheiten - oder im Supermarkt - angepasst an die individuelle Kaufkraft und Bedarf. Dabei spielt auch die anvisierte Abschaffung von Bargeld eine essentielle Rolle, denn nur so können Einkaufsgewohnheiten genau mitgeschnitten werden. Um bei nicht-normativem Verhalten nicht entwertet zu werden, oder um den eigenen "Sozialkredit" möglichst hoch zu halten, steigt der Anpassungsdruck auf den Menschen. Während in China die staatliche und soziale Kontrolle bereits über Social Scoring gehandhabt wird, können sich die persönlichen social-media-Kontakte hier beispielsweise auf die Wohnungssuche auswirken. Eine Regulierung von sozialen Fragen über technokratische Mittel führt zur Lenkung und Manipulation der IT-Nutzer*innen. Das Zusammenspiel von Big Data aus allen Bereichen ist die Grundlage des "technologischen Angriffs".
Dabei besteht eine fundamentale Kritik an der Technologisierung der Gesellschaft auch darin, dass kausale Zusammenhänge eine kleinere Rolle spielen als (zufällige) statistische Korrelationen. Ohne in irgendeiner Weise theoriegeleitet bzw. wissenschaftsorientiert zu sein, wird unser Zusammenleben von Abermillionen gesammelten Daten gelenkt.
Über die Herrschaftsförmigkeit der Technologisierung sprach Lars von der Gruppe Çapulcu in dem Vortrag:
"Disrupt! Widerstand gegen den technologischen Angriff."
Darin wird die Dominanz von rein technologischen Ansätzen historisch eingeordnet und einer grundlegenden Kritik aus linksradikaler Perspektive unterzogen. Folgende Themen werden angesprochen:
* Algorithmen als digitale Fließbänder von heute
* der Anpassungsdruck des Menschen an die Maschine
* verschiedene Techniken zur Persönlichkeitsanalyse und deren Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt
* Social Scoring un d die Auswirkungen auf dem Wohnungsmark t
* die Veränderung der Arbeitswelt durch On-Demand-Leistungen
* die Rolle von Bezahlsystemen bei der Veränderung von Preissystemen
* die Gefährdung des Solidaritätsprinzips durch normative Kraft aus Big Data
* die Notwendigkeit und Möglichkeiten zum Widerstand gegen die totale Erfassung.
Danach hat Resonanz Con(tra)sens mit Lars ein Interview geführt.
http://www.wueste-welle.de/sendung/view/...
Kommentare
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05.03.2018 / 11:26 | Tagesredaktion, free FM, Ulm |
wird gesendet
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Beitrag um 15 Uhr. Vielen Dank. | |