Das social Distel-Ding – Das Konjunkturpaket

ID 102810
 
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Teil 42 der Kolumne aus dem social distancing - Heute mit dem Konjunkturpaket mit "Wumms" und dem Blick auf die nächsten Miseren
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04:31 min, 10 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 05.06.2020 / 14:02

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt, Umwelt, Politik/Info
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 05.06.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
1000 Mal diskutiert, 1000 Mal ist nichts passiert, 1000 und eine Nacht und es hat WUMS gemacht!
Gut ganz so lange hat es nicht gedauert, aber jetzt ist das Motto, das überall rauf und runter geschrieben wird: „Mit Wums aus der Corona-Krise“
Dieser Satz stammt von dem sonst notorisch nüchternen Olaf Scholz, dem Mensch solch eine Comic-Sprache gar nicht zugetraut hätte.
Unser Konjunkturpaket ist jetzt also geschnürt und kann am 1. Juli von jeder und jedem ausgepackt werden: Die Mehrwertsteuersenkung ist das egalitäre Mittel zur allgemeinen finanziellen Entlastung. Statt, wie aus Bayern gefordert, Steuergelder zu nehmen und den Automobilkonzernen zu geben, damit sie wieder genau soviel Geld haben wie vor ihrer Dividendenausschüttung, werden einfach weniger Steuern auf Konsum- und Investitionsausgaben verlangt.
Das ist eine sehr gute Nachricht, denn dadurch werden vor allem diejenigen am stärksten entlastet die ihr Geld sofort ausgeben.
Und das spannendste an diesem Teil des Konjunkturpakets ist tatsächlich: Darüber hat davor kaum jemand öffentlich gesprochen. Es gab nicht die Aiwangers, Scheuers und Söders, die davor laut gerufen haben: Ich fordere, dass in wenigen Wochen alles billiger wird.
Dieses Privileg blieb der Automobilindustrie erhalten. Die großen Schummelsoftware-Konzerne dürfen sich jetzt bei ihren angeblichen Fürsprechern bedanken, dass diese aktiv daran mitgeholfen haben in der Zwischenzeit Autokäufe aufgeschoben wurden. Ein wenig auch zu recht, denn die Mehrwertsteuersenkung gilt natürlich auch für Autos, egal ob Verbrenner oder nicht. Nur das jetzt erst ein Bonus von 4.000 € beim Kauf eines Verbrenners gibt, wenn das 133.333,33 € teuer ist. In München gibt es von diesen Karren zwar eine ganze Menge, aber die 3% Preisnachlass sind in diesem Zusammenhang wohl verkraftbar.
Das wir social Distel-Dinger von diesem Plan uns alle Konsumausgaben zu vergünstigen erst jetzt erfahren haben, liegt wohl darin begründet, dass wir unseren Konsum nicht aufschieben sollten.
Mensch stelle sich vor, was gewesen wäre, wenn wir frühzeitig erfahren hätten, dass bald alles 3% günstiger wird. Dann hätten sich einige ihre Hamsterkäufe vielleicht nochmal überlegt. Deren Vorratskammern sind übervoll, während sich bald alle denken: Konsumieren bis die nichts mehr reingeht.
Schließlich wird die Mehrwertsteuer nur vom 1. Juli bis Ende des Jahres abgesenkt. Nur, dass es jetzt eben nicht nur um Klopapier, Konserven oder Alkohol geht, sondern um Fernseher, Kühlschränke oder andere längerfristige Anschaffungen, die lange Zeit aufgeschoben worden sind.
Diese Überlegung setzt natürlich voraus, dass die Unternehmen die Preissenkung auch so an die Kunden weitergeben und nicht selbst einfach die Preise stabil halten und die 3% Vergünstigung nutzen um ihre eigenen Verluste auszugleichen.
Was die Zukunft angeht, lädt dieses Konjunkturpaket die Verantwortung für die kommenden Generationen wieder auf die Verbraucher und die Unternehmen ab. Zwar sind tatsächlich eine Milliarde für den Kauf neuer, dann hoffentlich effizienterer Flugzeuge, und zwei Milliarden für Zukunftsinvestitionen der Automobilhersteller vorgesehen, aber ein gewissenhaftes Einschreiten gegen explodierende externe Kosten, wie Klimafolgen, Umweltverschmutzung und soziale Ungleichheit, sieht anders aus. Das wäre vermutlich auch zu viel zu erwarten gewesen.
Immerhin werden Alleinerziehende minimal bessergestellt, sowohl über den einmaligen Kinderbonus von 300€, der mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird, damit die soziale Gerechtigkeit gewahrt bleibt, als auch über den Ausbau der Ganztagsbetreuung. Das ist allerdings immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Bei Kita-Kosten von 600€ im Monat inklusive der eigenverantwortlichen Betreuung in der Ferienzeit, gilt immer noch, Kinder kriegen muss Mensch sich erst einmal leisten können. Und ohne Kinder und Zuwanderung kann sich die Bundesrepublik auch bald die Renten und Pensionen nicht mehr leisten, geschweige denn die Schuldenlast die uns noch über Jahrzehnte begleiten wird.
Aber diese Probleme verdrängen wir jetzt besser bis wir zumindest aus dieser Krise rauskommen. So können wir schon absehen wie es in nächster Zeit im besten Fall weitergeht. Der Status quo ist gerettet, aber der führt uns direkt in die nächste Dreifachkrise: Die Bildungs-Klima-Demographiemisere!