Focus Europa 72, Di.9-5-06

ID 12535
 
NEWS.+ europatag + antidiskriminierunggesetz brd und EUGH stärkt transexuellenrechte + Massenprozess gegen kurdische demonstanten auch minderjährige + Rücktrittswelle in warschau -proteste gegen rechtsnationalistische regierungskoalition +armeniermassaker weiter tabu in türkei + gekartoffeln der TU_München vorerst gestoppt + Energiefusion in österreich
BEITRAG . RÜCKBLICK esf athen
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15:27 min, 14 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 09.05.2006 / 13:04

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Sport, Umwelt, Frauen/Lesben, Schwul, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: David, Hav Kmm
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 09.05.2006
keine Linzenz
Skript
Willkommen zur 72. Ausgabe von Focus-Europa von RDL
Liebe Hörererinnen im Dreyeckland, in Hessen und bei den austrahlenden freien Unfuganstalten im deutschsprachigen Sendebereich

heute ist Europatag...
Allerdings eher ein
Europatag auf Sparflamme


Den Auftakt der Feiern machte am Sonntag die Rats-Präsidentschaft und die Kommission in Brüssel mit einen Tag der offenen Tür. Obwohl die“Europäische Freizügigkeit“ das eigentliche Thema sein sollte, standen dort vor allem die Präsentation diverser militärischen Institutionen – Eurpäische Verteidigungsagentur usw. - im Mittelpunkt.

Das Europäische Parlament sorgt sich derweil vor und am Europatag mit einer gemeinsamen Sitzung mit nationalen Parlamentarierinnen über die „Zukunft von Europa“. Arbeitsgruppen trafen sich Montag nachmittag und am Dienstag zu: Europa in der Welt; Die Welt und das europäische Sozialmodell; Europa als Raum der Sicherheit Justiz und Freiheit und die finanzvorschau der Europäischen Union.-

Organisiert mithilfe der nationalen Vertretungen der EU-kommsion geht’s zumindest in den Hauptstädten der Mitgliedsstaaten ein wenig lockerer zu.
In Deutschland gibt’s unter anderem: ein Europaforum im Auswärtigen Amt;.
Wie in allen Hauptsstädten gab es in Berlin auch ein Cafe d´Europe mit literarischen und kulinarischen Angeboten,
die Jugend soll heute in Potsdam Fit für europa werden;
während die kommissionsvertretung auch noch den Frühling ins berliner rathaus lädt, gibt’s in München Preise für Projektarbeiten zum thema „Arbeit und mobilität“.

Am Mittwoch dann wird es ernst:
die Kommssion präsentiert Ihre Zukunftsvorstellungen für Europa und im Anschluss an ihre wöchentlichen Beratungen zum Thema „Bildung in Europa“ geht’s um die Vereinheitlichung der universitären Ausbildung.


ANTI Diskrimierung in Deutschland auf Sparflamme - Europäischer Gerichtshof stärkt Transsexuellen Rechte
Die Bundesrepublik Deutschland ist immer noch in Verzug bei der Umsetzung der Anti-Diskrimierungsrichtlinie der EU.
Woran Rot-Grün in sieben Jahren scheiterte wird jetzt als Gross-Koalitionäres Possenspiel mit verteilten Rollen fortgesetzt: gibt’s du mir die Religion als Diskrimierungstatbestand geb ich dir die Behinderten. Wohlgemerkt letzteres als meist praktisch folgenloses Merkmal in sogenannten Alltagsgeschäften.
So sind viele weiterhin nach wie vor auf ein direktes Vorgehen gegen diskrimierende Vorschriften und Praktiken direkt auf die EU -Normen angewiesen.Und dort bekommt sie auch immer öffters Rückendeckung vom Europäischen Gerichtshof.
Am 4. Mai publizierte der Europäische Gerichtshof sein Urteil im Fall der Klage der Transsexuellen Sarah Margaret Richards. Vom britischen Arbeits- und Sozialministerium hatte Frau Richards nach ihrerr Geschlechtsumwandlung zur Frau bei Eintritt ins Rentenalter verlangt, nach den Regeln für Frauen also mit 60 Jahren statt mit 65 für Männer in Rente gehen zu dürfen. Dies wurde ihr verweigert.
Die in dieser Verweigerung liegende Missachtung der Geschlechtsumwandlung von Frau Richards qualifizierte der Gerichtshof als eine durch die Richtlininie verbotene Diskriminierung.


Türkei eröffnet Massenprozeß gegen kurdische Demonstranten – auch Minderjährige werden angeklagt

Nachdem es in Diyabaker im vergangenen März zu mehrtägigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei kam, werden nun mehr als 200 Menschen in einem Massenprozeß abgeurteilt. Den Angeklagten – unter ihnen auch 23 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 jahren - wird v.a. „Mitgliedschaft in einer verbotenen Vereinigung“ vorgeworfen - ein Strafbestand der in der Türkei mit bis zu 24 Jahren Haftsstrafe geahndet werden kann. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft waren die Demonstrationen von der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK organisiert.

Menschenrechtsorganisationen nach den Unruhen kritisiert, daß Armee und Militärpolizei mit massiver Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen wären. Bei den mehrtägigen Unruhen gab es allein in Diyarbaker 11 Todesopfer – in der gesamten Region starben 18 Menschen.

Anlässlich des Prozeßauftakts erhoben Menschenrechtsgruppen erneut schwere Vorfürfe:
Der unabbhängige türkische Menschenrechtsverein IHD kritisierte, dass bei den Demonstrationen von „staatlichen Antiterroreinheiten“ gezielt in die Menschenmenge gefeuert worden sei. Verhaftete seien gefoltert worden, darunter auch Kinder. Bereits im März hatte amnesty International dem türkischen Staat vorgeworfen; er habe in der kurdischen Region massiv gegen Menschenrechte verstoßen. Neben Kritik gegenüber dem brutalen Vorgehen von Armee und Polizei, wurde angeklagt, dass immer noch 53 Minderjährige in den Gefängnissen auf ihre Prozesse warten. Auch Amnesty International erhob den Vorwurf, dass Verhaftete Folter und unrechtsmäßiger Behandlung ausgesetzt seien. Die Türkei verstoße damit gegen die von ihr selbst ausgerufene „Null-Toleranz“-Richtlinie gegen die Folter.

Forderungen der Stadtverwaltung von Diyarbaker nach Entsendung einer EU-Delegation zur Untersuchung der Geschehnisse blieben bisher von Brüssel unbeantwortet.



Rücktrittswelle in Warschau
Proteste gegen rechtsnationalistische Regierungskoalition

Die Ernennung Andrzej Lepper zum Landwirtschaftsminister und Vizepremier löste nicht nur Demonstrationen, sondern auch eine Rücktrittswelle aus.

Nach Außenminister Stefan Meller hat auch Irena Lipowicz, die Deutschland-Beauftragte der polnischen Regierung, ihren Rücktritt eingereicht. "Der Grund meines Rücktrittsgesuchs war der Eintritt von (dem populistischen Bauernführer) Andrzej Lepper in die Regierung", sagte Lipowicz am Montag. Lipowicz, die von 2000 bis 2004 Botschafterin in Österreich war, wurde im November 2004 zur Deutschland-Beauftragten ernannt.
Gesundheitsminister Zbigniew Religa überbrachte am Montag Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz ebenfalls sein Rücktrittsersuchen. Außenminister Meller hatte bereits Ende April, einen Tag nach der Koalitionsvereinbarung zwischen der rechtsnationalen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) und der von Lepper geleiteten "Samoobrona" (Selbstverteidigung), seinen Rücktritt erklärt. Lepper ist Landwirtschaftsminister und Vizepremier.
PiS, die bisher ohne Mehrheit im Parlament war, regiert seit Freitag mit Samoobrona und der nationalistisch-klerikalen Liga Polnischer Familien (LPR). Beide Parteien waren gegen den EU-Beitritt Polens. LPR-Chef Roman Giertych ist ist neuer Bildungsminister und ebenfalls Vizepremier. In einer Pressekonferenz sagte er am Montag, er wolle an den Schulen Patriotismus unterrichten lassen. Bereits am Freitag hatte er erklärt, er strebe die Bildung einer "neuen Generation von Patrioten" an.

Polnische Schüler demonstrierten am Wochenende gegen die Ernennung Giertychs. "Giertych ist ein Nationalist und Faschist. So jemand sollte nicht Erziehungsminister sein", sagte einer der Jugendlichen zur Agentur PAP.

Die EU-Kommission will die Bildung der Koalitionsregierung in Polen offiziell nicht kommentieren. Nicht zuletzt die Erfahrungen mit den Sanktionen gegen Österreich spielen dabei eine Rolle. Da es sich bei Polen um das mit Abstand größte der neuen EU-Länder handelt, werde aber mit beträchtlichen Schwierigkeiten gerechnet, wenn in Zukunft ein nationalistischerer Kurs verfolgt werden sollte, heißt es in Brüssel.

Armeniermassaker weiterhin Tabu in der Türkei
Nicht nur in Sachen Menschenrechten, sondern auch bei der Debatte um den Völkermord an den Armeniern bleibt die türkische Regierung unnachgiebig. Während in Historikerkreisen allgemein aktzepiert ist, dass im Osmanischen Reich bis zu 1,5 Millionen Armenier Opfer systematischer Verfolgung wurden, spricht die Türkei weiterhin nur von höchstens 300.000 Todesopfern die aufgrund von „Krankheiten“ und „Folgen der Kriegswirren“ gestorben seien.

Die Armenierfrage führt nun erneut zu diplomatischen Spannungen gegenüber Kanada und Frankreich. Der kanadische Premier Stephen harper sprach sich für eine Resolution aus, die die Verfolgung der Armenier zwischen 1915 bis 1923 als Völkermord annerkennt. In Frankreich soll das Leugnen des Genozids sogar unter Strafe gestellt werden.

Als Reaktion rief nun die Türkei ihre Botschafter aus Paris und Ottawa für (Zitat) „kurze Zeit“ nach Ankara zur berichterstattung zurück. In türkischen Medien werden nun Boykottaufrufe gegenüber kanadischen und französischen Unternehmen debattiert. 2001 hatte die Türkei, nachdem das französische Parlament den Völkermord an den Armeniern offiziell annerkannte, alle Rüstungsaufträge storniert.

Genkartoffeln vorerst gestoppt
München. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat einen für dieses Frühjahr geplanten Freisetzungsversuch der TU München mit gentechnisch manipulierten Kartoffeln in Olching vorerst gestoppt.
Nachdem zahlreiche falsche Angaben in der amtlichen Bekanntmachung beanstandet worden seien, hätte das BVL »die Notbremse gezogen« und ein neues Genehmigungsverfahren angeordnet, teilte das Umweltinstitut München am Montag mit.
Ein Sprecher des Instituts bezeichnete die Entscheidung als Erfolg der Kampagne gegen den geplanten Anbau der Genpflanzen, die von mehr als 4000 Anwohnern unterstützt worden sei.
Man werde die Proteste auch während des neuen Genehmigungsverfahrens fortsetzen.



Energiefusion auch in Österreich
Wien. Auf dem österreichischen Energiemarkt steht womöglich eine Großfusion bevor: Der Öl- und Gaskonzern OMV und das Stromunternehmen Verbund bestätigten am Montag Gespräche über einen Zusammenschluß. Dadurch würde der größte Industriekonzern des Landes entstehen. Es gehe um eine »Allianz im Energiebereich« und mögliches »Syergiepotenzial zwischen den jeweiligen Gas- und Stromgeschäften«, teilte OMV weiter mit. Laut österreichischer Presse unterstützt die Regierung in Wien das Vorhaben. Verbund ist derzeit zu 51 Prozent in Staatsbesitz. Für die Fusion müßte das entsprechende Gesetz geändert werden.
Die Energiesektor ist in Europa einer der zentralen Sektoren in denen eine Fusions- und Zentralisationswelle im Rahmen der Lissabonstrategie am laufen ist.

Beitrag: Rückblick aus ESF in Athen
Jingle Hintergrund
Playlist ESF- Rückblick - Ausschnite aus Interview mit Stefan Lindner (attac)
Jingle Focus --- darauf: Für diese 72. Ausgabe von Focus Europa zeigen sich verantwortlich David, Hardy Michel