TRIBUNAL im ZKM Karlsruhe

ID 71241
Paul Edwards: Time Crimes: The 20th Century's Long Now - 35Min. (Hauptteil)
Den Auftakt zur GLOBALE im ZKM Karlsruhe bildete vom 19. bis 21.6. das TRIBUNAL in Erinnerung an die großen Prozesse des letzten Jahrhunderts, motiviert von der Idee, abzurechnen mit den vergangenen Verbrechen der Menschen an Menschen und Umwelt und der damit verbundenen Rohheit.
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34:54 min, 32 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.06.2015 / 15:41

Dateizugriffe: 52

Entstehung

AutorInnen: quer03
Radio: Querfunk, Karlsruhe im www
Produktionsdatum: 23.06.2015
Folgende Teile stehen als Podcast nicht zur Verfügung
Clive Hamilton: Requiem for a Species- engl. - 27 Min.
Audio
26:48 min, 25 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.06.2015 / 15:58
Saskia Sassen: Expulsions - engl. - 36 Min.
Audio
36:11 min, 33 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.06.2015 / 16:08
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Aufzeichnungen vom Tribunal:

- Paul Edwards: Time Crimes: The 20th Century's Long Now
35 Min.
Inhalt: Zivilisation und Klima. Ausgehend vom Konzept des "Long Now", das die gesamte Spanne der bisherigen 10000 Jahre Zivilisation umfasst, erläutert Edwards die Dimensionen eines technischen Zeitbegriffs und evolutionäre Auswirkungen technischer Erfindungen für die heutige Zeit und danach. Edwards skizziert das 20. Jahrhundert mit seinen technologischen Entwicklungen als Eintritt ins menschengemachte Anthropozän.

- Clive Hamilton: Requiem for a Species
27 min.
Inhalt: Einordnung des Klimawandels in jahrtausendewährende geomorphologische Prozesse. Institutionelle Verantwortlichkeiten der Unternehmen und Staaten (Oslo). Abwälzung der Verantwortlichkeit auf Staaten beruhe auf Abstraktion und unterminiert direkte Handlung. Kohlenstoffausstoß begrenzen wichtigstes politisches Ziel. Die ganze bürokratisch-politische, aber auch intellektuelle Abhandlung verhindere und erschwere, dem Klimawandel wirkungsvoll entgegenzutreten. Das Erdklima unterliege dem Einfluss des Menschen. Der Versuch aber, gerade der Industrie, die Natur unter Kontrolle zu bringen, um sie sicherer zu machen, hat gerade das Gegenteil bewirkt: Sie ist gerade unsicherer und unvorhersehbarer geworden. Der Zusammenhang von Erdklima und allen anderen Prozessen der Erdentwicklung, von den Gesteinsschichten bis zur höchsten Schcht der Athmosphäre, wird erst jetzt von Geowissenschaftlern ausreichend beachtet. Globale Erderwärmung im 21. Jh. wird voraussichtlich die Erwärmung von 50000 Jahren übersteigen! Menschen als Naturgewalt schreiben nicht länger Menschengeschichte sondern Erdgeschichte. "If the imprint of humans on the funcioning of the earth system has become so powerful, that we have initiated a new geological epoche, the recalls to laws and ethics leads over a more foundational question (...): What kind of being made these laws and ethical codes, " Neue ontologische Epoche, die Seinsfrage. Hängt die Zukunft der Erde von dem moralischen Bemühen der einzelnen Personen ab?

- Saskia Sassen: Expulsions
36 Min.
Inhalt: Ausgangspunkt ist Sassens gleichnamige Publikation, in der sie einen unsichtbaren Schrecken medial vermittelter Grausamkeit ausmacht, die die wenigsten direkt erleben, jedoch alle elementar beeinflusst und mitunter zur Wertebildung führt: "Multiplication of Systemic edges, the familiar becomes extreme, bad, terrifying, literally rendered invisibly in its whole materiality - invisible horror!"
Wir erschaffen diese Millionen an Vertriebenen, die lt. UN 60 Mio. Menschen ausmachen. Sie fliehen Sassen zufolge aus Chaoszonen, chaotic lands. Menschen die um das nackte Leben ringen, nicht welche, die auf der Suche nach einem besser Leben sind, wie die landläufige Meinung sein mag: "People in search of bare life, not in search of better life." Den riesigen Flüchtlingsströmen in Südostasien, Andamanen, steht der Mittelmeeraum hintenan. In den US kommen die meisten Flüchtlinge, nicht wie landläufig angenommen aus Mexiko, sondern aus Guatemala, Honduras, El Salvador, und es sind hauptsächlich Kinder, die dort vor purer Gewalt fliehen. Der wahre Grund für die Flüchtlingsmengen ist der Verlust der Lebensgrundlage, der Verlust an (be)lebbarem Land.
Klimaveränderungen, wie z. B. Methangasemission wegen der Eisschmelze werden riesige Auswirkungen haben. Auf der anderen Seite der wattierten Wohlhabendem mit dem unsichtbaren Schrecken im Gesicht gibt es diese endlosen technischen Möglichkeiten und der Unglauben an deren Unwirksamkeit oder die Entfernung von der natürlichen Realität. Die Computertechnik ist dafür die Infrastruktur in dieserer unserer Epoche (nicht die Ursache oder der Antrieb, eher ein Mittel).
Die Finanzwirtschaft sieht Sassen als vermitteltes Instrument dieser Gewalt, im Unterschied zum traditionellen Bankwesen, das verkauft, was es tatsächlich hat. Der hochspezialisierte Finanzsektor erzeugt willentlich die Kategorien von arm und reich, indem er in gesellschaftliche, ökonomische, politische und andere Bereiche vordringt. Da geht es nicht um Währung und Geld, das im Umlauf ist, sondern um das Vordringen in eben diese Bereiche und deren Steuerung. Das ursächliche Problem hierbei sei die Unsichtbarkeit der Akteure!
Als Folge entstehen bspw. urbane Niemandsländer in Unternehmerhand. In Berlin machen diese Bauten im Wert von 12,5 Bio. Euro aus. In den Stadtlandschaften sollen wohl - oder so geschieht es als Folge zwangsläufig - Ärmere und vor allem Kleinere von der urbanen Teilhabe ausgeschlossen werden.