Ein Rückblick auf die European Maccabi Games 2015 in Berlin

ID 74535
 
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Sport Ausgrenzung und Integration, die EMG 2015


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08:12 min, 19 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 10.01.2016 / 15:14

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Jugend, Religion, Sport, Internationales
Serie: Radio Magic City Six
Entstehung

AutorInnen: Gerti
Radio: RMC6, Berlin im www
Produktionsdatum: 06.01.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
(Ausschnitt)
Die Weltsportfamilie trifft sich alle vier Jahre zu Olympischen Spielen um „schneller, höher, stärker“ miteinander zu wetteifern, zumindest diejenigen die teilnehmen. 1976 (Montreal), 1980 (Moskau) und 1984 (Los Angeles) fanden die bislang größten Boykotts Olympischer Spiele statt. 1936 hingegen, als das nationalsozialistische Deutschland nach Berlin einlud, kamen alle. Bis auf die jüdischen Sportler/innen, denn die waren unerwünscht.
Das Entstehen der jüdische Makkabi-Sportbewegung mit eigenen Vereinen und der alle 4 Jahre in Israel stattfindender Makkabiade ist unmittelbare Reaktion auf Diskriminierung und Ausgrenzung in Sport und Gesellschaft, auf gewisse Weise vergleichbar mit Para- und Special Olympics oder den Gay Games.
Die Makkabiade ist nach den Olympischen und den Asienspielen (die seit 1976 Israel ausgrenzen) das drittgrößte Sportereignis weltweit, Wettkämpfe werden in 4 Alters- und einer paralympischen Gruppe in olympischen und nicht-olympischen Sportarten ausgetragen.
Eine europäische Variante, die 14. Europäischen Makkabispiele, fand gerade im Berliner Olympiapark statt, an dem Ort, wo 1936 Nazideutschland Olympia und seinen Rassenwahn zelebrierte, in dem Land, das 1972 nicht in der Lage war, die wohl größte Katastrophe der olympischen Geschichte zu verhindern, den Terrorangriff auf israelische Sportler.
Umso beeindruckender ist es, dass die Spiele nach Beriln kamen, angesichts des aktuell in Europa zunehmenden Antisemitismus nachvollziehbarerweise unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Der kürzlich veröffentlichte Abschlussbericht der Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus spricht von „neun bekannt gewordenen Vorfällen bzw. negativen Reaktionen aus der Bevölkerung“, erwähnt aber auch eine deutlich höhere Dunkelziffer.
Davon ließen sich die mehr als 2000 Sportler/innen allerdings nicht abhalten, den internationalen jüdischen Sport nach Berin zu holen und 10 Tage lang Wettkämpfe und Gemeinschaft zu feiern, getreu dem Motto „Competing at Sports, United at Heart“.
Für viele der 300 Freiwilligen war es der intensivste Kontakt, den sie bislang zu jüdischen Menschen hatten, 10 Tage fanden die 14. Europäischen Makkabispiele im Berliner Olympiapark statt in Sportarten von Badminton bis Bridge, Feldhockey bis Fußball, Schwimmen bis Schach – und überall sorgten die Volunteers in ihren hellblauen Shirts für einen möglichst reibungslosen Ablauf und dafür, dass die mehr als 2.000 Sportler/innen sich wohlfühlten.
Es waren auch rund 50 Freiwillige aus dem Ausland gekommen, diese oft weniger an Sport als an Jewish Community interessiert, denn auch das gehört zu Makkabi, ein „wichtiger Schritt, um in die jüdische Gemeinschaft hineinzuwachsen, und ihr ein Leben lang verbunden zu bleiben“, wie es Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ausdrückte.
Der Trainer einen Jugendmannschaft wiederum erzählte, dass nicht alle mitfahren durften, einige streng religiöse Eltern wollten nicht, dass ihre Söhne an einer Veranstaltung mit Jungen und Mädchen teilnehmen. Aber das war ein Einzelfall – und dass strenge Religiosität oft ein ungezwungenes sportliches Miteinander der Geschlechter bekämpft ist spätestens seit dem Fall der Bremer Muslime, die ihre 9-jährige Tochter vom gemischten Schulschwimmen abmelden wollten, bekannt.
Zu den EMG waren auch außereuropäische Verbände eingeladen und das Vereinigte Königreich trat gleich mit drei Delegationen an, GB, Schottland und Gibraltar.
Ein ähnlich entspannter Umgang mit Regularien zeigte sich im größten Turnier der Spiele, beim Futsal. Einige Teams bekamen aufgrund von Verletzungen Kaderengpässe, so dass Makkabi-Deutschland Präsident Alon Meyer auch sportlich zum Einsatz kam: „Ja, da hab ich mich freischaufeln können. Kein Tor gemacht, wir haben sang- und klanglos verloren, aber an Erfahrung gesammelt.“
Ein anderes Team, Israel, entschied sich im Open Male Wettbewerb, nicht zum Spiel um Bronze anzutreten, da sie sich unterbesetzt nicht blamieren wollten. Ihre Gegner aus Südafrika ließen sich davon aber nicht die Laune verderben, sie traten kurzerhand in zwei Teams an, damit alle die Chance auf einen Einsatz bekamen. Die Organisation machte mit, das zeigte den besonderen Spirit der Spiele.
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