Fokus Südwest

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NACHRICHTEN

Bundesverfassungsgericht stoppt für den gestrigen Mittwoch terminierte Abschiebung von schwer krankem Afghanen
Fahrverbote gegen Feinstaub - Dicke Luft in Stuttgart
Uni Basel will nuklearen Forschungsreaktor stilllegen

Mach mal Pause - Aktionstag für mehr Pflegepersonal im Ländle und bundesweit

„Was in diesem Gericht passiert ist alles andere als gerecht!“ - Antifaschistin zu Geldstrafe wegen Protest gegen AfD verurteilt

BEITRÄGE

Am Montag war am Amtsgericht Lörrach der letzte Prozesstag gegen einen Mann aus Weil am Rhein, der die Nachbarfamilie jahrelang belästigt und terrorisiert hat
Wer ist wichtiger für die grün geführte Landesregierung: Engagierte in der Flüchtlingsarbeit oder die AfD?


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Audio
30:04 min, 38 MB, mp3
mp3, 175 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.02.2017 / 19:40

Dateizugriffe: 54

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt, Umwelt, Politik/Info
Serie: Fokus Südwest
Entstehung

AutorInnen: die meike, Fabian, Radio Bleiberecht
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 23.02.2017
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Fokus südwest am 23. februar 2017
von radio dreyeckland in freiburg
imstudio die meike

NACHRICHTEN

Ein afghanischer Flüchtling, der seit knapp 14 Jahren in Deutschland lebt, saß bereits seit einem Monat im Abschiebegefängnis Pforzheim und sollte gestern Abend um 19 Uhr vom Münchner Flughafen nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Der Eilantrag gegen seine Abschiebung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe war aber erfolgreich. Die Abschiebung wird also für mindestens 6 Monate ausgesetzt.
Es wäre seine 2. Abschiebung innerhalb eines Monats gewesen. Schon am 23. Januar saß er im Abschiebeflug nach Kabul. Nach der Ankunft und einem Zusammenbruch aufgrund seines extrem labilen psychischen Zustandes schickten die afghanischen Behörden wieder nach Deutschland zurück. Eine unabhängige ärztliche Untersuchung hatte ergeben, dass eine Suizidgefährdung zu befürchten ist, sollte es zu einem erneuten Abschiebungsversuch kommen. Bei ihm war eine schwere depressive Störung diagnostiziert worden.
Ganz offenbar teilte nun auch das höchste deutsche Gericht die Einschätzung des Flüchtlingsrates, der auf Verfahrensfehler des BAMF hingewiesen hat.
O-ton landesregierung
Dass in einem grün geführten Bundesland erst ein Gericht in quasi letzter Minute die wiederholte Abschiebung eines schwer kranken Mannes stoppen musste, ist vielsagend. Ob ein weiterer Afghane aus Mannheim noch vor der Abschiebung geschützt werden kann, ist derzeit noch offen.
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg kritisierte außerdem, daß die “sorgfältige Einzelfallprüfung und das „behutsame Vorgehen““, das der Bundesinnenminister de Maizière „nur hohle Phrasen sind“
o-ton einzelfallprüfung

Dicke Luft in Stuttgart.
fast wöchentlicher Feinstaubalarm in der Hauptstadt ist schon lang keine Neuigkeit mehr. Der Verkehrsreferent des BUND Baden-Württemberg Klaus-Peter Gussfeld macht im Gespräch mit RDL die „ambivalente Politik der Stadt Stuttgart in den letzten Jahren“, dafür verantwortlich, weil keine restriktiven Maßnahmen im Kessel verabschiedet wurden: „Die Lobby hat ganze Arbeit geleistet“, so die Bewertung Gussfelds.
Ab 1. Januar 2018 gibt es nun ein Fahrverbot für alte Diesel. Ohne Druck von Seiten der europäischen Union und der Verwaltungsgerichte wäre es soweit wohl nicht gekommen. Denn in Brüssel droht ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland mit Strafzahlungen in Millionenhöhe, wenn die Grenzwerte nicht eingehalten werden. Nun sind Land und Kommune gefragt: Grün-Schwarz wurde per Gerichtsurteil dazu verpflichtet, eigene Pläne zur Luftverbesserung vorzulegen. Außerdem stimmte die Landesregierung im letzten Jahr einem Vergleich zu, nachdem der Verkehr an der höchstbelasteten Stelle Stuttgarts ab dem 1.1.2018 um 20% reduziert werden muß, wenn die Schadstoffgrenzwerte dieses Jahr nicht eingehalten werden.
Weiter wirksame Mittel zur Reduzierung der Feinstaubbelastung seien laut BUND eine Erhöhung der Parkgebühren sowie Tempolimits in der Stadt.

Uni Basel will nuklearen Forschungsreaktor stilllegen
Am Montag teilte die Universität Basel mit, dass sie den entsprechenden Gesuch beim Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation eingereicht hat. In den Unterlagen beschreibt sie das Vorgehen bei Rückbau und Entsorgung des Reaktors aus den späten 1950er Jahren, der die "Stromleistung eines Tauchsieders" und lediglich zu Forschungzwecken gedient hat, sagt Christoph Tschumi, Verwaltungsdirektor der Universität Basel. Atomkraft sei in der Forschung kein Thema mehr, führt er weiter aus, jetzt stehe Quantenphysik im Mittelpunkt.
Die Uni Basel erwartet, dass die Behörde vor Ende 2018 grünes Licht für den Rückbau des Reaktors gibt. Dieser soll bis 2020 abgeschlossen sein. Sie plant dafür Kosten in Höhe von 10 Millionen Euro. Laut dem Vertrag über die Trägerschaft der staatlichen Universität Basel muss einzig und allein Basel-Stadt für den Rückbau des Reaktors aufkommen.

Mach mal Pause
Das Bündnis Entlastung jetzt, bestehend aus Gewerkschaften und linken Initiativen rief zum landesweiten Aktionstag am Mittwoch auf. Die gesetzlich geregelte Pause nahm sich das Pflegepersonal der demonstrativ als Protestaktion vor der Uniklinik Freiburg und in anderen Kommunen im Ländle zusammen mit ihren Patientinnen und Patienten. Die Aktion stieß auf rege Beteiligung. Eine Form, mit dem Personalmangel umzugehen sei, so ver.di Südbaden, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin nicht gemachte Pausen in Rechnung zu stellen. Die Gewerkschaft strebt außerdem einen Tarifvertrag zur Entlastung an und wird auch, wenn es nicht anders geht, mit Streiks drohen, wie es im Saarland nach einer Eskalation gemacht wurde.
Allein an der Uniklinik Freiburg gab es in diesem Jahr bereits 300 – 400 Überlastungsanzeigen. Das heißt, Patient_innen und Pflegekräfte waren einer Gefahrensituation aus Mangel an Personal ausgesetzt. Um der Haftung zu entgehen und dem Arbeitgeber_in die Verantwortung zurückzugeben, sollen solche Fälle direkt angezeigt werden, empfiehlt die Gewerkschaft.
Bundesweit müssen etwa 162.000 zusätzliche Stellen geschaffen werden – in Freiburg fehlen an die 100 Pflegekräfte.



„Was in diesem Gericht passiert ist alles andere als gerecht!“
Das rief eine Zuschauerin nach Urteilsverkündung am gestrigen Mittwoch im Amtsgericht Freiburg. Eine linke Aktivistin war von einem ehemaliger Landtagskandidaten der AfD wegen Körperverletzung angezeigt worden. Bezeichnend für die Brisanz des Falls, bei dem niemand gesundheitliche Schäden davon trug, waren die verschärften Sicherheitsvorkehrungen am und im Gericht. Die Polizei hatte drei Beamte vor dem Gebäude postiert, vor Betreten des Gerichtssaals wurden alle Besucher_innen – auch die Pressevertreterinnen – einer gründlichen Durchsuchung unterzogen.
Die Angeklagte war im November 2015 an einer spontanen Versammlung gegen einen Werbestand der AfD beteiligt. Ihr wurde vorgeworfen, Flugblätter auf den Boden gefegt zu haben und im darauffolgenden Gerangel dem Beschädigten Volker Kempf, Gruppenvorsitzender der AfD Kreistagsgruppe Breisgau-Hochschwarzwald, einen „gezielten Schlag“ aufs Ohr verpaßt zu haben.
Das Urteil des Gerichts waren nun 25 Tagessätze à 20€ für die junge Frau aufgrund von Fahrlässigkeit. Die Angeklagte trägt wie üblich die Kosten des Verfahrens und kann gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen.
Die Begründung der Richterin war zitat „Daß es einen Schlag gegeben hat, ist nicht ersichtlich, das hat der Zeuge Kempf selbst gesagt“. „Daß die Angeklagte in eine körperliche Auseinandersetzung mit dem Zeugen Kempf verwickelt war,“ sei hinreichend „belegt aufgrund des Videos (der Polizei) und die Personalienaufnahme durch die Polizei“. Keiner der drei geladenen Zeugen konnte jedoch die Angeklagte im Gerichtssaal indentifizieren. Den Antrag auf Freispruch des Verteidigers Janssen lehnte die Richterin ab.
Zugunsten der Angeklagten spräche jedoch, daß sie keinerlei Vorstrafen habe und sich gegen die verfassungsfeindliche NPD engagiert.




BEITRÄGE:

Am Montag war am Amtsgericht Lörrach der letzte Prozesstag gegen einen Mann aus Weil am Rhein, der die Nachbarfamilie jahrelang belästigt und terrorisiert hat.
Bei diesem letzten Prozesstag wurde auch das Urteil gesprochen: 20 Tagessätze à 40€ (die Staatsanwaltschaft hatte 90 Tagessätze gefordert), wegen Sachbeschädigung und Diebstahls. Ein politisches Tatmotiv wollte das Gericht jedoch nicht erkennen, obwohl Prozessbeobachterinnen zuvor von rassistisch motivierten Übergriffen sprachen.
Die Radio Bleiberecht-Redaktion von Radio Dreyeckland sprach mit Hanne, einer Prozessbeobachterin: 7:39
Für die betroffene Familie werden die Prozesse weitergehen, diesmal gegen den Schwiegersohn des Nachbars wegen Körperverletzung.

Am gestrigen Mittwoch den 22. Februar wurden 18 Personen vom Münchner Flughafen nach Afghanistan abgeschoben. Wir haben berichtet, dass erst das Bundesverfassungsgericht die Abschiebung eines Afghanen gestoppt hat, der seit 14 Jahren in Deutschland lebte und eine schwere depressive Störung attestiert bekommen hat. Er wartete im Abschiebegefängnis Pforzheim darauf schon zum 2. mal innerhalb eines Monats nach Kabul geflogen zu werden. Im Januar hatten die afghanischen Behörden ihn nach einem Zusammenbruch wieder nach Deutschland geschickt. Noch in einem weiteren Fall aus baden-Württemberg stoppte die Justiz in quasi letzter Minute die Abschiebung: Ein Vater hätte von seinen minderjährigen Kindern getrennt werden sollen, die keine afghanische Staatsbürgerschaft haben. Eines ist schwerstbehindert. Hier erklärte der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof, dass die Abschiebung dem garantierten Schutz von Ehe und Familie widerspreche .
Trotzdem wurden 4 andere Personen aus Baden-Württemebrg abgeschoben. Wir fragten Seán McGinley, Geschäftsführer des baden-württembergischen Flüchtlingsrats nach einer Bewertung der Abschiebung und den Erklärungen der baden-württembergischen Grünen, im Nachgang.


Pressekontakt: Seán McGinley Tel: 0151 65 79 76 28