Gefangen im System: Heimerziehung in der DDR. Folge 1 - Vergessen.

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„Wenn du nicht brav bist, kommst du ins Heim“. Das stand als weiße Schreibschrift gedruckt auf die rote Rückwand eines Seecontainers in Burg bei Magdeburg. Dort auf dem Rolandplatz stand im Juli 2023 die Blackbox Heimerziehung. Darin erzählen 4 Menschen ihre Geschichte. Die Blackbox war ein Projekt der Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau. Torgau, ja. Davon haben wir schon gehört: Sportlich-militärischer Drill, Demütigung, Gewalt. Die Endstation für im Sinne der DDR-Ideologie „schwer erziehbare Jugendliche“. Aber wenn das die Endstation ist, wo beginnt dann der Weg?

In Burg sollten, abgelegen vom Stadtzentrum, im größten Jugendwerkhof der DDR Jugendliche zu sogenannten sozialistischen Persönlichkeiten umerzogen werden. Auch hier hat ein Großteil der Betroffenen psychische, körperliche und sexuelle Gewalt erfahren. Das war eben nicht nur Torgau. Das war ein System. In der Audioserie "Gefangen im System" (Link: https://systemheimerziehung-ddr.medienko...) erforschen wir das System der Heimerziehung anhand verschiedener Perspektiven und legen einen Fokus auf Spezialheime im heutigen Sachsen-Anhalt, speziell den Jugendwerkhof „August Bebel“ in Burg bei Magdeburg – dem größten Jugendwerkhof in der damaligen DDR.

Wie funktionierte die Jugendhilfe in der DDR und welche Ziele verfolgte diese bei der Umerziehung zu sozialistischen Persönlichkeiten? Um Antworten zu finden, treffen wir in Folge 1 den Historiker Ralf Marten, die Erziehungswissenschaftlerin Prof.in Dr.in Diana Düring, sowie den Historiker und Museumspädagogen Niklas Poppe.
Audio
14:05 min, 15 MB, mp3
mp3, 145 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 01.01.2024 / 13:42

Dateizugriffe: 1103

Entstehung

AutorInnen: Eine Audioserie von Valerie Börner und Clara Hoheisel
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 01.01.2024
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Kein Skript vorhanden.

Kommentare
06.01.2024 / 09:45 Dr. Indoc, Querfunk, Karlsruhe
Gut, aber tendenziös
Wertvolle Aufarbeitung, klar; gut und richtig. Doch alle Schinderei und autoritäre Gängelung auf das Ideal der "sozialistischen Persönlichkeit" zu projizieren, erzeugt natürlich ein recht einseitiges Bild. Dass Kinder auch im Westen (vielleicht nicht im selben Ausmaß, vielleicht aber schon? Mir fehlen die Zahlen) in ähnlichen Einrichtungen interniert wurden, passt dann natürlich nicht ins Bild, man möchte ja auch gern Fördergelder der aktuellen staatlichen Institutionen. Der eindringliche Film "Freistatt" (BRD 2015) ist sehr sehenswert. Was man der DDR, dem Realsozialismus allgemein, eigentlich vorwerfen muss, ist nicht, dass sie derartige Schäbigkeiten erfunden haben (das stimmt nämlich nicht), sondern dass sie nicht konsequent damit gebrochen haben. Diese Art der Aufarbeitung aber suggeriert, dass Unterdrückung und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ein Spezifikum "des Sozialismus" (und nicht des Staates an sich, oder aber der Kirche) seien -- was ich für propagandistisch halte. Wie gesagt: Trotzdem wertvolle Arbeit.