Interview mit Naomi Fontanas, trans*-Aktivistin in Manila und STRAP-Vorsitzende

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Ein Interview über die Situation von trans* Frauen auf den Philippinen, und über STRAP (www.tsphilippines.com), ihre größte Organisation.
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29:52 min, 41 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 24.10.2011 / 16:42

Dateizugriffe: 426

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Arbeitswelt, Religion, Frauen/Lesben, Schwul, Kultur, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: sakura
Radio: Transgenderradio Ber, Berlin
Produktionsdatum: 17.10.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Kannst du dich bitte einmal ganz kurz Vorstellen?

Mein Name ist Naomi Fontanas, ich komme von den Philippinen, und ich bin die Vorsitzende von „transsexuelle Frauen von den Philippinen, kurz STRAP. Es ist die erste Support-Gruppe und transgender-Menschenrechtsgruppe in meinem Land.

Was machst du als transgender-Aktivistin?

Unsere Arbeit bei STRAP richtet sich hauptsächlich darauf Diskriminierung aufgrund von Geschlechtsausdruck zu bekämpfen. Auch werben wir für mitfühlendes Verständnis von Transsexualismus in meinem Land. Aber natürlich machen wir auch andere Sachen, wir funktionieren als Unterstützungsgruppe in erster Linie für transgender und transsexuelle Frauen und Mädchen in Manila, der Hauptstadt der Philippinen. Wir arbeiten auch mit anderen Menschenrechtsorganisationen, das schliesst lesbische, bisexuelle, schwule und transgender Organisationen mit ein, Frauenrechtsorganisationen, und wir arbeiten auch mit Regierungseinrichtungen zusammen, so dass sie die Bedürfnisse und Themen von trans* mit integrieren in ihre diversitiy-Initiativen. Und wir engagieren uns in Medien-Aktivismus, um mehr positive Bilder von transsexuellen Frauen in den Medien zu haben.

Wirst du bezahlt, oder arbeitest du ehrenamtlich?

Nein, das ist alles Freiwilligenarbeit. Wir haben keine bezahlten Mitarbeiter_innen. Und wir haben auch kein Büro. Für unsere Treffen und Aktivitäten müssen wir Orte mieten. Wir haben etwas Geld (funding), aber es ist sehr sehr wenig, im Moment. Und wir zahlen auch manchmal Sachen aus unserer eigenen Tasche.

Was für Erfolge habt ihr als Organisation schon gehabt?

Bezogen auf Sichtbarkeit haben wir sehr viel erreicht, unsere zweite Vorsitzende ist Teil einer Reality-Fernsehshow, in den Philippinen, die landesweit ausgestrahlt wird. Bezogen auf Sichtbarkeit haben wir kein Problem. Die Leute in den Philippinen verstehen, dass es Transsexuelle gibt, in der Gesellschaft. Aber natürlich, es gibt immer noch eine Menge Ignoranz, was unsere Themen sind, unsere Bedürfnisse und unsere Sorgen. Gerade letztes Jahr, waren wir Teil einer multi-Organisationen Aktivität die zu 8 Universitäten ging, um über lesbische, bisexuelle, schwule und transgender Themen zu reden. In diesem Projekt war STRAP involviert. Es hiess die Campus-Rainbow-Tour. Das Ziel davon war zu Student_innen zu gehen, und ihre Aufmerksamkeit für unsere Themen zu schärfen. STRAP war dort um über trans* Themen zu reden. Bezogen auf Bildung und Aufmerksamkeit haben wir einiges erreicht. Aber in den anderen Lebensbereichen, müssen wir noch viel mehr tun. Mehr und mehr trans* Personen haben ihr Coming-out in der Schule oder an der Uni, und die meisten Schulen wissen aus Ignoranz nicht mit ihnen umzugehen. Daher haben viele dieser jungen trans* Personen große Schwierigkeiten, etwa in der Schule zu bleiben. Wir haben ein sehr großes Privatschulsystem, und die meisten davon sind religionsbasiert. Sie sind sehr gegendert. Es gibt Schuluniformen, für männliche und weibliche Schüler. Viele trans* Schüler_innen haben Schwierigkeiten damit. An der Uni haben viele Probleme mit ihren offiziellen Dokumenten, weil es sehr schwierig ist den Namen und das Geschlecht zu ändern. Besonders wenn mensch noch sehr jung ist. Natürlich ist auch die Beschäftigungssituation schwierig. Viele trans* Personen in den Philippinen, obwohl sie einen Uniabschluss haben, haben immer noch Schwierigkeiten eine lohnende Arbeit zu finden, weil die Personalabteilungen ignorant sind, was transgender Themen angeht.

Wann wurde STRAP gegründet, und warum?

Meine Organisation, STRAP, wurde 2002 gegründet, wir fingen mit nur 4 Mitgliedern an. Unsere Gründungsmitglieder sind: …, ... und … die nun hier in Deutschland lebt. Sie kamen 2002 zusammen, weil um diese Zeit, obwohl Gay-Aktivismus schon da war, benutzten die Leute GLBT um sich auf die queer comunity in den Philippinen zu beziehen. Es gab jedoch keine Organisation die sich wirklich mit trans* Themen beschäftigte. Und deshalb wurde STRAP 2002 gegründet, um genau das zu tun. Sich auf die Themen der trans* comunity zu konzentrieren.

Und ist STRAP eine Organisation für Trans-Männer und -frauen?

Nein, es ist nur für trans* Frauen, weil die Gründungsmitglieder alle trangender Frauen und Mädchen waren. In den letzten 9 Jahren gab es ein Ansteigen bei den trans* Männern, und in den letzten zwei Jahren haben wir 2 trans* Männern erlaubt unserer e-gruppe beizutreten, aber nicht wirklich unserer Organisation. Weil wir immer noch eine Organisation sind, die sich hauptsächlich für trans* Frauen einsetzt. Aber jetzt fangen auch trans* Männer an sich in Manila zu organisieren. Sie haben eine Online-Supportgruppe geschaffen, dieses Jahr, für philippinische trans* Männer.

Wie heisst sie?

Transpinoi.

Was für Pläne habt ihr bei STRAP für die Zukunft?

Ja, unsere Organisation existiert nun seit 9 Jahren, aber bis jetzt haben wir immer noch keine bezahlten Kräfte, und wir haben kein Büro, wo Leute sich versammeln können. In den letzten zwei Jahren haben wir erkannt wie wichtig es ist unseren eigenen physikalischen Raum zu haben, wo Leute frei hinkommen können und sich sicher fühlen und sie selbst sein können. Wir hoffen dass wir noch mehr Mitglieder haben werden, wir werden mit mehr Mitgliedern auch hoffentlich leichter ein eigenes Büro kriegen. Wir wollen mit unserem lokalen und internationalem Engagement weitermachen. Lokal sind wir aktiv in der LGBTI-comunity, und wir unterstützen eine Menge LGBTI-Initiativen, wie den Pride. Dort sind wir immer. Aber natürlich engagieren wir uns auch in Erforschungsaktivitäten. Letztes Jahr waren wir in einer Untersuchung involviert, die von eine feministischen Organisation geleitet wurde, die ISS-International heisst, und in Manila basiert ist. Sie wollten eine Studie machen zu lesbischen bisexuellen und transgender Frauen. So war STRAP hier die Hauptbeitragende für den trans* Part. Im Moment arbeiten wir mit Transrespect versus Transphobia, das wird noch bis 2013 gehen, und STRAP ist eine Partnerorganisation des TVT-Projekts in Asien. Das werden wir tun.

Nun etwas mehr zum täglichen Leben. Wie reagiert die Gesellschaft auf eure Forderungen? Und auf die Sichtbarkeit von transgender Personen im Allgemeinen?

Bezogen auf die Sichtbarkeit haben wir kein Problem, es gibt eine große Bevölkerung an trans* Personen in den Philippinen. Aber es gibt keine offiziellen Zählungen. Wir haben wirklich keine exakten Zahlen, wenn Regierungsoffizielle uns Fragen. Wir können dann keine direkte Antwort geben. Aber wir können sagen dass es in jeder Gemeinde trans* Personen gibt. Die Philippinen waren unter der kolonialen Herrschaft von Spanien für 300 Jahre, und daher kommt die Unterteilung der Philippinen in sehr kleine Gemeinden, was die grundlegende politische Einheit in unserem Land ist. Sie heisst Barranga. In jeder Barranga wirst du eine trans* Person finden, die aktiv in der sozialen Szene ist, die aktiv in der Politik ist, die prominent ist in der Gemeinde.
In den Philippinen haben wir schon sehr Lange Beautycontests ausschliesslich für transsexuelle Frauen. Einige davon gibt es schon seit mehr als 50 Jahren. Es gibt einen in Vesaja, in Manila, und in den wichtigsten Inselgruppen. So, bezogen auf Sichtbarkeit, wirklich, trans* Menschen sind überall. Man sieht uns überall. Und die Schönheitswettbewerbe ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich. Die Philippinen sind eine Beauty-contest-verrückte Kultur.

(…)

In der Geschichte meines Landes haben wir viele Persönlichkeiten und Celebrities, die transgender sind. In den 80ern gab es Helen Cruz, die recht bekannt war, weil sie schön sang, und sie wurde von Elite-Familien eingeladen aufzutreten. Sie war eine sehr prominente transgender Person. Und wie ich schon gesagt habe, unsere zweite Vorsitzende, Rita Perez, war Teil von Big Brother hier in den Philippinen. Wir werden gesehen, die Leute sehen uns. Auf den Straßen, überall in den Gemeinden. Aber es gibt einen Unterschied darin, sichtbar zu sein, und wirklich in der Lage zu sein ein würdiges Leben zu führen. Und das ist, wo STRAP als Fürsprecher_in dazu kommt. Viele transgender Personen haben große Schwierigkeiten darin, ihr Einkommen sicherzustellen, Zugang zu Bildung zu haben, ausreichende Gesundheitsversorgung zu bekommen, usw. .

Wie reagiert die Gesellschaft auf diese Forderungen nach Gesundheitsversorgung, Bildungszugang und so?

Eins unserer Größten Probleme als Comunity besteht in dem Fakt, dass es in den Philippinen ein Missverständnis besteht, über transgender-Anliegen. Wenn in anderen Ländern die Diagnose Gender Identity Disorder gestellt wird, wird das mit der trans* comunity in Verbindung gebracht. In den Philippinen ist das sehr anders, psychiatrische und psychologische Institutionen sind sehr schwach, aber wir werden als extreme Varianten von homosexuellen Männern gesehen. In meinem Land, die durchschnittliche Bevölkerung sieht mich dort als schwulen Mann. Wir werden immer mit der männlichen Gay-comunity in einen Topf geworfen. Das ist sehr schwierig für uns, weil, in den letzten 10 Jahren hatten wir eine sehr sichtbare feminisierte männliche Gay-comunity. Und die Fitness-Kultur hat sich jetzt ebenfalls verwurzelt, und so hast du ein anderes Stereotyp, in der comunity, von dem Butch, dem straight-acting und straight-looking schwulen Mann. Wenn eine weibliche trans* Person diskriminiert wird, ist das erste was ihr gesagt wird, warum kannst du nicht sein wie ein straight-acting oder heterosexueller Mann? Weil, es gibt viele schwule Männer die das tun können. Sie ziehen sich wie Männer an, und sie benehmen sich als Männer. Warum könnt ihr nicht so sein? Das war schon immer sehr schwierig. Zum Beispiel, im Mai haben wir eine Nachricht zum Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen geschickt, zur UNHCR, um uns über unsere Situation zu beschweren. Und wenn es in den Medien berichtet wurde, sagten die Schlagzeilen, philippinische Transsexuelle verklagen die Philippinen, wegen Diskriminierung gegen Gays. Nun, wir haben uns nicht gegen Diskriminierung von Gays ausgesprochen, wir haben uns über die Diskriminierung gegen transsexuelle Personen beschwert. Aber die Ignoranz ist immer noch weit verbreitet.

Das muss besonders hart sein für lesbische trans* Frauen?

Oh ja, das wäre komplizierter, bezogen auf das Verständnis. Aber Sexualität ist nicht so ein großes Problem, weil du sie besser verstecken kannst. Was du in deinem Schlafzimmer machst ist weniger sichtbar für die Welt draussen. Aber wenn Leute wissen, dass deine Dokumente auf ein bestimmtes Geschlecht ausgestellt sind, und du dich sozial als das andere Geschlecht gibst, dann ist es schwieriger, weil du sichtbar bist. Sichtbar anders. Du bist markiert als anders, was für viele transsexuelle Frauen der Fall ist. Über transsexuelle Männer kann ich nichts sagen, aber wir sagen immer, die Philippinen sind eine patriarchale Kultur, und daher ist es schwieriger für Männer die Frauen werden wollen, als für Frauen die Männer werden wollen. Weil sie dann unsichtbar werden, und Türen öffnen sich für sie. Wegen dem Patriarchat in der Gesellschaft.

Also ist die Situation für transgender Männer und Frauen sehr unterschiedlich?

Sie ist sehr unterschiedlich, ja. Und ich denke der beste Beweis dafür ist der Fakt, dass transgender Frauen sich zuerst politisch organisiert haben. Weil, offensichtlich fühlten sie ihre Unterdrückung akuter, als im Vergleich transsexuelle Männer, die verschwinden können, und unsichtbar sein können.

Wie ist es für jüngere transgender Personen, ist es leicht für sie Informationen über Gesundheitsversorgung, über eure oder andere Organisationen zu kriegen?

Ja, ich bin sehr glücklich, dass wir nun im Internet-Zeitalter leben, und Internet ist in den Philippinen sehr billig, es ist zugänglich im ganzen Land, und es ist frei und unzensiert. Daher, wenn eine junge trans* Person anfängt mehr über Identitätsthemen nachzudenken, und mehr über sich als transgender Person erfahren möchte, gehen sie online, und natürlich ist die erste Organisation die sie finden STRAP. Sie werden zu unserer Email geleitet, und da haben wir einen großen Anstieg, auch von Leuten die nicht von STRAP sind, die Fragen zu welchen Ärzt_innen sie gehen können, und zu welchen Krankenhäusern, wenn sie Hormone brauchen usw..

Wie ist die Akzeptanz in den Familien?

Es variiert, es ist unterschiedlich für unterschiedliche Leute. Zum Beispiel in meiner Familie, ich fühle dass meine Eltern mich bedingungslos lieben, und sie haben mich akzeptiert, aber immer noch ist es schwierig für sie mich so angezogen zu sehen. Und sie behandeln mich immer noch als ihren Sohn, aber wir haben auch andere Fälle. Wir haben Mitglieder bei STRAP, deren Familien sie unterstützen, komplett und ohne Probleme. Aber wir haben Auch Fälle von STRAP-Girls, die Missbrauch und Gewalt erlebt haben in ihren Familien, weil ihre Familien nicht mit ihnen umgehen konnten.

Gibt es andere Familienwerte oder Strukturen auf den Philippinen als in Europa?

Ich weiss nicht ob es wirklich homogen ist, aber die grundlegende Familienstruktur besteht aus den üblicherweise heterosexuellen Eltern und den Kindern. Das ist die unmittelbare Familie, aber in meinem Land haben wir ein Konzept der erweiterten Familie, in einem Haushalt kannst du deine unmittelbare Familie finden, aber du kannst auch Tanten, Onkel und Großeltern und Cousins und Cousinen finden, die mit dir leben. So du musst mit mehr Leuten umgehen, als nur mit deiner unmittelbaren Familie. Und so haben wir Fälle, wo die unmittelbare Familie nicht unterstützend sein mag, aber Mitglieder der erweiterten Familie sind es oft. Ich fühle, dass es so ist in meinem Fall. Meine unmittelbare Familie ist ein wenig unsicher, mit meinem Status als transgender Person, aber meine erweiterte Familie, sie sind alle unterstützend für mich.

Wie sieht die rechtliche Situation für Transgender aus?

Im Moment sind wir in der rechtlichen Hölle (legal Limbo), wegen einem Gesetz, das 2002 verabschiedet wurde. Es heisst das klerikale Gebietsrecht (?) Es verbietet allen filipin@s die Änderung ihres Geschlechtseintrags. Basierend auf dem Glauben dass das Geschlecht nach der Geburt unveränderlich ist. Basierend auf diesem Gesetz können wir zwar unseren Namen ändern, und wir haben Mitglieder in STRAP die in der Lage waren ihre Namen zu ändern. Aber die Gründe den Namen zu ändern nach diesem Gesetz, sind sehr begrenzt, es ist nur wenn du bekannt bist unter einem bestimmten Namen, für eine lange Zeit. Oder wenn dein Name sich lächerlich anhört, zum Beispiel, wenn du von deinen Eltern Berlin genannt wurdest, und du es ändern willst, und du zum Beispiel Naomi heissen willst. Dann kannst du es machen. Dann kannst du es belegen, dass du deinen Namen peinlich findest. Und der letzte Grund ist, oh Gott, ich hab den dritten Grund vergessen. Aber es schliesst Transgender nicht mit ein.

Wie ist die soziale Situation, wie kompliziert ist es einen Job zu finden? Ist da Diskriminierung für Transgender auf diesem Gebiet?

In den Philippinen, ja, ich würde sagen, dass es sehr schwierig für transgender Personen ist eine lohnende Arbeit zu finden. Und das ist weil es viele Vorurteile gibt, in der Unternehmenswelt. Sogar wenn zum Beispiel viele trans* Leute aus Mittelklassefamilien kommen, und nun in der Lage sind zu Universitäten zu gehen, und gute Abschlüsse zu haben, werden sie Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden. Aber es ändert sich nun, weil wir mehr und mehr multinationale Firmen haben, deren Ursprung in Nordamerika, Europa und so ist, und diese Firmen bringen fortschrittlichere Einstellungspolitiken mit. Aber das ist wahrscheinlich noch ein sehr kleiner Prozentsatz an Firmen. Ich denke in Regierungsjobs würde es sehr schwer sein, einen Job zu bekommen. Weil Die Leute sich unwohl fühlen würden eine transgender Person treffen zu müssen, in einer Regierungsposition. Es ist also unterschiedlich in den unterschiedlichen Industrien. Zum Beispiel in meinem Fall, ich bin ausgebildet als Lehrerin, ich war an der besten Uni in meinem Land, wie Harvard in den Philippinen. Obwohl ich dort meinen Abschluss gemacht habe, war es schwierig für mich einen Job zu finden als Lehrerin, weil mein Abschluss ist für die Sekundarstufe, und viele Schulen stellen Leute wie mich nicht an, wegen stereotypen denken, das ich einen schlechten Einfluss auf Kinder haben könnte. Dass ich vielleicht keine gute Lehrerin wäre, keine gute Angestellte, keine gute Repräsentantin der Schule. Daher sind viele transgender Personen gezwungen, andere Arbeiten zu finden. In meinem Fall, ich arbeite nun für eine französische Firma, als eine Schreiberin. Das ist mein Vollzeitjob. Aber meine Bezahlung ist nicht entsprechend meinen Fähigkeiten. Ich fühle mich überqualifiziert und nicht gefordert. Ich sollte mehr verdienen, entsprechend meiner Qualifikation, aber ich tue es nicht. In anderen Fällen, die meisten trans* Personen suchen sich typische Nischenbranchen, wie, Unterhaltung, sie arbeiten als Beauty-consultants, Make-up Künstler_innen, Performer, oder sie wollen in die Modeindustrie, wir haben viele die mit Mode arbeiten, etwa als Accessoire-Designer_innen, Verkäufer_innen, Designer_innen, Grafiker_innen usw. Und natürlich haben wir auch trans* Leute die in der Prostitution arbeiten. Weil, nun können viele trans* Leute reisen, in die unterschiedlichen Teile Asiens, wegen der Billigfluglinien, und der Öffnung der Grenzen durch die ASEAN-Mitgliedschaft. Innerhalb der ASEAN-Länder ist es einfach zu Reisen.

Ist es ein Vorteil in anderen Ländern zu arbeiten als Prostituierte?

Ja, ich denke. Aber wie in vielen Ländern Sex-Work ist illegal, in den Philippinen verdienst du nur sehr wenig, wenn du Sex-Work machst, verglichen mit Metropolen wie HongKong, oder Singapur. Und deshalb zieht es viele Trans-Leute in diese großen Städte. Diese Städte haben große Expat-comunities, sie können mehr Kunden dort finden. Aber auch dort ist Sex-Work illegal, sie setzen sich damit großen Gefahren und Risiken aus.

Und ist es auch in den Philippinen illegal?

Ja, es ist illegal in den Philippinen. Wir haben starke anti-Prostitutionsgesetze. (Und auch starke anti schmuggelgesetze.)

Wie ist es wenn Leute erwischt werden? Was haben sie zu erwarten von der Polizei?

Wir haben wirklich keine dokumentierten Fälle, von transsexuellen Personen, die verhaftet wurden wegen Sexwork, aber es gibt Geschichten, von trans* Leuten im Gefängnis aus den unterschiedlichsten Gründen. Andere Gesetze werden benutzt um Transsexuelle zu verfolgen. Wir haben ein Gesetz gegen Obdachlose, das Leuten verbietet herumzuhängen, in unüblichen Abendstunden. Wenn eine trans* Person von der Polizei gesehen wird, die zum Beispiel um 3 Uhr morgens durch die Strassen läuft, und aussieht als hätte sie nichts zu tun, kann die Polizei sie festnehmen, aufgrund dieses Gesetzes, es heisst anti-vagrancy-law. Und wir haben Geschichten gehört von trans* Personen die über Nacht ins Gefängnis gesteckt wurden wegen Herumlungerns und Obdachlosigkeit. Wir haben auch von Fällen in HongKong gehört, wo trans* Frauen ins Gefängnis gesteckt wurden, und sie wurden eingesperrt mit Männern. Aber wir konnten es nicht dokumentieren.

Gibt es ein Problem mit Hassverbrechen in den Philippinen?

Ja, wir versuchen das Konzept Hassverbrechen mit Sinn zu füllen, in den Philippinen in diesem Moment, weil, wie es war scheint es ein sehr westliches Konzept zu sein. Aber viele Fälle sind bekannt geworden in denen trans* Leute ermordet wurden, und unter Missbrauch und Gewalt zu leiden hatten. Basierend auf Vorurteilen. Wir versuchen so gut es geht die Fälle zu dokumentieren von denen wir erfahren, aber es ist sehr schwer, weil wenn eine Person stirbt, kriegt man nur Berichte, zum Beispiel durch die Zeitungen, oder Online, und du musst sehr vorsichtig mit diesen Informationen sein. Wenn zum Bespiel ein Bericht sagt eine Genderbending Person, wurde tot mit Stichwunden gefunden, mit männlichem Körper, aber weiblicher Unterwäsche, würden wir sofort denken das ist eine trans* Person, aber in den Medien würde von dieser Person als männlich berichtet. Und wenn du dann zu den Familien gehst, werden sie sich weigern ihre Toten als transgender zu identifizieren. Wegen dem Stigma, das daran hängt. Daher ist es sehr schwer, die Zahlen festzustellen, der trans* Leute die aus Hass ermordet wurden. Wie wir immer sagen, wir glauben die Person war trans*, aber die gestorbene Person mag sich vielleicht nicht so sehen, als sie noch gelebt hat.

Du sagtest bereits dass die Philippinen recht patriarchal sind, ist die Situation für Frauen im Allgemeinen, ist es auch für sie schwerer zum Beispiel einen Job zu finden?

Oh ja, ja, Ich denke, es kommt noch dazu zur Marginalisierung von trans* Frauen, dass sie Frauen sind, zum Beispiel in meinem Fall, ich gehe jeden morgen zur Arbeit, und ich nehme die öffentlichen Transportmittel, und ich sehe mit meinen eigenen Augen, dass ich dort die einzige weiblich Person bin. Die meisten Leute die morgens zur Arbeit gehen sind Männer. Die Arbeitskraft in meinem Land ist wirklich ungleich.

Gibt es Antidiskriminierungsgesetze, und sind Transgender darin eingeschlossen?

Im Moment gibt es keine Antidiskriminierungspolitik, es gibt linke Gruppen in unserem Kongress, die unterschiedliche Versionen eines solchen Gesetzes eingebracht haben, das erste wurde von einer linken sozialistischen Gruppe eingebracht, das war 1999, vor über zehn Jahren. Dieses Jahr, 2011, hat eine andere linke Gruppe eine neue Version dieses Gesetzes vorgeschlagen, aber es war schwierig es verabschiedet zu kriegen, als Gesetz. Dieser Vorschlag bestraft Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität, und der einzige Grund warum Geschlechtsidentität integriert wurde, ist wegen STRAPs Engagement. Oh ja, trans* Leute werden geschützt sein, wenn es durchkommt, aber natürlich ist das noch nicht genug. Zum Beispiel sagt dieses vorgeschlagene Gesetz nichts zum ändern von Dokumenten für trans* Leute. Wir werden geschützt was Beschäftigung angeht, aber wir würden in dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht beschäftigt. Es sagt auch nichts zum Gefängnissystem. Es würde uns in der Ausbildung schützen, aber wenn eine trans* Person ein verbrechen begeht, werden sie entsprechend ihrer Geburtsgeschlechtzuweisung eingesperrt, nicht nach ihrer Geschlechtsidentität.

Wie ist die Rolle der Religionen in den Philippinen? Ist das problematisch für Transgender?

Nicht wirklich, viele Transgender sind recht religiös, sie sind verbunden mit der Kirche. Unser Land ist bekannt dafür, vor allem katholisch zu sein, es ist wahrscheinlich zu 80% katholisch, und ein kleiner Anteil der unterschiedlichen Religionen, Islam, Hinduismus, usw. So, vom Norden zum Süden in den Philippinen, gibt es Leute mit Vorurteilen gegen transgender Philippin@s, und die meisten dieser Vorurteile basieren auf Religion. Basierend auf judäochristlicher Ideologie und Islam. Islamischen Lehren. Der religiöse Block ist nicht sehr einflussreich in den Leben der Leute in meinem Land, aber ihr Einfluss in der Politik ist groß, trotz der Trennung von Kirche und Staat. Viele Gesetze, werden erlassen oder nicht erlassen aufgrund des Einflusses der religiösen Rechten. Zum Beispiel im Moment, gibt es eine Kongressdebatte über die Reproduktionsgesundheit, das die Rechte der Frauen schützen würde, natürlich sagt auch dieses Gesetz nichts zu LGBTI, aber dieses Gesetz ist so kontrovers, weil die katholische Kirche sich sehr dagegen wehrt. Viele Frauenrechtler_innen und Bürgerrechtsorganisationen die für Frauen arbeiten, wurden von der katholischen Kirche dämonisiert.

Denkst du es sollte die Möglichkeit geben, wie in schon in einigen anderen Ländern, einen Geschlechtseintrag zu haben der weder Mann noch Frau ist?

Ich denke das ist unterschiedlich für unterschiedliche trans* Leute. Wir haben Leute die sich als drittes Geschlecht identifizieren, aber wir haben auch trans*, deren Geschlecht sehr stark abgegrenzt ist. Männer und Frauen die sich klar nur als Männer und Frauen identifizieren. Mein persönlicher Standpunkt ist, und das ist nicht der Standpunkt von STRAP, ist einfach alle Geschlechtseinträge in offiziellen Dokumenten zu entfernen.

Hast du so etwas wie eine transgender-Utopie, was würdest du dir vorstellen, Hast du so etwas?

Nun, als eine Organisation, unsere Vision ist, unsere Gesellschaft neu zu schaffen, sie netter und mitfühlender zu machen, so dass sie die Würde aller Leute nährt. Und unser Recht selbst zu bestimmen wer wir sind, als das Geschlecht als das wir uns identifizieren. Aber natürlich gibt es da noch große Hindernisse, wir müssen die Einstellungen der Leute auf der lokalen Ebene ändern. Und auf der nationalen Ebene müssen wir Institutionen ändern. Ich denke es ist eine große Aufgabe, ich weiß nicht wann die Veränderung kommen wird, aber ich weiss sie wird kommen. Aber ich denke auch sie wird viel Arbeit erfordern, aber ich bin glücklich dass diese Arbeit angefangen wurde, und sie wurde von STRAP angefangen. Und jetzt haben wir junge Leute, die dieses Feuer weitertragen werden, wenn unsere Zeit kommt, diese Arbeit zu verlassen, die wir angefangen haben. Hoffentlich wird die Veränderung bald kommen, in den nächsten 5 Jahren. Aber wenn nicht, werden wir einfach weiterkämpfen.




Kommentare
17.10.2011 / 21:33 coloradio, coloRadio, Dresden
gesendet im montagsmagazin
danke