Adorno gegen seine Preisträger verteidigt. Gegenveranstaltung zur Theodor-W.-Adorno-Preisverleihung an Judith Butler am 11.9.2012

ID 51501
 
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Adorno gegen seine Preisträger verteidigt
 
Gegenveranstaltung zur Theodor-W.-Adorno-Preisverleihung an Judith Butler. Vorträge von Alex Gruber (Wien) & Magnus Klaue (Berlin)am 11.09.2012
im Studierendenhaus der Universität Frankfurt a. M.
Veranstalter: Initiative „Adorno gegen seine Preisträger verteidigen!“ Unterstützer: AStA der Universität Frankfurt und Jüdischer Jugend- und Studentenverband Hessen

Einführung: Christopher Zwi

Vorträge von:

Alex Gruber: Zur Austreibung des Objekts - Judith Butlers postmoderne Affirmation des Bestehenden

Was Adorno in Bezug auf die Semantik der analytischen Philosophie, an die Judith Butler etwa in "Haß spricht" kritisch anschließt, bezogen feststellt, gilt in verstärktem Maße auch für die Diskurs- und Anredetheorie der poststrukturalistischen Denkerin: Ihre isolierende Sprachkritik ist durch den Charakter des Fetischismus bestimmt. Butler glaubt im Rückgriff auf John L. Austins Sprechakttheorie, dass „Trübungen und Trugtendenzen, die an der Sprache zu beobachten sind“ in der zum Diskurs ontologisierten Struktur der Sprache angelegt sind, „anstatt dass die Worte stets gesehen werden als ein Wechselspiel, als ein Kraftfeld zwischen dem was sie in der Sprache sind, und dem was sie bedeuten, was eben die reale Gesellschaft ist“ (Adorno). Vielmehr ist von Butler das Kommunikationsmittel Sprache gleichsam absolut gesetzt; so absolut dass sie keinerlei Gegenständlichkeit außerhalb der Sprache gelten lassen und jede Annahme eines Außersprachlichen als unzulässige Essentialisierung oder Substantialisierung austreiben möchte. Diese dekonstruktivistische Jagd auf den Vorrang des Objekts ist es zugleich auch, worin jenes Drängen zur Praxis fundiert ist, welches Judith Butlers Theorie charakterisiert und ihr das Flair der Kritikerin verschafft - während es doch nur die zur Tat schreitende Verdopplung der gesellschaftlichen Naturbeherrschung darstellt.

Magnus Klaue: Leib ohne Gewicht - Judith Butlers Körperpolitik

Zu Beginn ihres Buches "Das Unbehagen der Geschlechter" stellt Judith Butler ausdrücklich fest, sie verstehe sich nicht als "Feministin". Feminismus ist für sie Ausdruck einer repressiven "Identitätspolitik", die letztlich nichts anderes als die Durchsetzung schnöder Interessen betreibe und die einzelnen Frauen zu diesem Zweck auf ein gemeinsames, vermeintlich ontologisches Prinzip des "Frauseins" verpflichte. Butler selbst setzt dem jedoch keinen Begriff von Individualität entgegen, der über die Ontologie des Geschlechtscharakters hinausweist, sondern plädiert in letzter Konsequenz für den Rückbau selbst noch der Residuen von Individualität, die im bürgerlichen Geschlechtscharakter angelegt sind, zugunsten einer partikularistischen "Vielheit" fluider Rollenmuster. Die regressiven Implikationen dieser "Körperpolitik" lassen sich besonders anschaulich an Butlers Exorzismus des Leibbgeriffs zeigen: Indem sie den pauschal als theologisch oder zumindest metaphysisch denunzierten Begriff des Leibs zugunsten eines als krudes Material gesellschaftlicher Zurichtung aufgefassten "Körpers" preisgibt (geschlechtertheoretisch zeigt sich dies an der Ersetzung des Sexus durch "Gender"), tilgt sie jede Möglichkeit der reflektierenden Erinnerung an die erste Natur im Menschen durch blinde Affirmation der zweiten Natur, der auch ausgeliefert sei, wer der schlechten Vergesellschaftung widerstehen wolle.

Audio
01:09:06 h, 63 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 17.10.2012 / 21:38

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Frauen/Lesben, Kultur, Politik/Info
Serie: Inforedaktion Stuttgart
Entstehung

AutorInnen: *Spuren*
Radio: frs, Stuttgart im www
Produktionsdatum: 17.10.2012
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
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