Vogel der Woche (57): Der Ekelvogel

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Heute: Der Ekelvogel. Als kleine Einstimmung auf die nahende Vogelgrippesaison und andere vogelbezogene Ekligkeiten... Trailer wurde rausgeschnitten, dieser Eintrag ersetzt den Eintrag #15746!
Audio
04:35 min, 4299 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 03.03.2009 / 16:02

Dateizugriffe: 151

Klassifizierung

Genre: Hörspiel
Langue: deutsch
rubrique: Arbeitswelt, Sport, Umwelt, Kultur, Politik/Info, Wirtschaft/Soziales, Andere
Series: Vogel der Woche
Entstehung

Auteur: hike
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Date de production: 03.03.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Beginn Sprechtext:

Heute: Der Ekelvogel (Carna vala)

Ein pestilenzartiger Gestank durchweht schlagartig den menschlichen Riechkolben. Reihenweise knicken die blühenden Astern in den Vorgärten um, und beim Ordnungsamt der Region gehen empörte Anrufe ein, "was denn das Gülle-Ausfahren mitten im Herbst soll", und alle Landwirte der Region bekommen grünweißen Besuch mit Blaulichtern auf dem Autodach; dabei ist es nur der Ekelvogel, der sich während seiner jahreszeitlichen Wanderungen auf einer Hochspannungsleitung in Ortschaftsnähe niedergelassen hat und behaglich sein graubraunes, mit grünlichem Schiller überhauchtes Gefieder lüftet, um mal so richtig Dampf abzulassen.

Ja meine lieben Freunde; der Ekelvogel ist ein wildlebender Verwandter der Gänsegeier, Hühnergeier und Truthahngeier, die allesamt für den menschlichen Fitness-Pizza-Fleischbedarf in künstlich beleuchteten Vogelfitnesshallen unter Vollklimatisierung und Intensivtraining zu Athleten für die Schlacht-Olympiade herangedop't werden; Bodenhaltung heisst das, wenn die hochmotivierten Hupfdohlen beide Füße gleichzeitig auf eine ebene Fläche kriegen, Vierkorn steht auf dem Etikett, wenn in jeden Kubikmeter der üblichen Vogelastronauten-Mastpampe eine 10-Gramm-Tüte Reformhaus-Sägespäne in den Herkunftsrichtungen Maiskorn, Gerstenkorn, Grieskorn, Mutterkorn hineingeschlämmt wird.

Und verzweifelt-fröhlich saugen die vegetierenden Karikaturen dessen, was laut biologischer Determination dereinst ein Vogel werden sollte, während ihres 5 Wochen dauernden Lebensvorganges mit einem Schnabel, der zu einer Art Anschluss-Stutzen mutiert ist, die Gensoja-Kalorienpampe in sich hinein. Dieser Fress-Schlamm ist mit einem passenden Hormoncocktail durchquirlt und so konzipiert, dass das meiste sich gleich in Vogelkörper umwandelt; lediglich die der Pampe zugesetzten Flavours Gans, Pute, Huhn, Onion, Fisch, Paprika und Naturkartoffel, die dem Endprodukt eine jeweils unterscheidbare Geschmacks-Note verleihen sollen, sorgen in den Putenreithallen für minimale Ausscheidungen, die circa ein- bis zweimal im Jahr nach der ollen Herkules-Methode beseitigt werden: Vogelgrippe ankündigen, örtliche Presse mit gerauften Haaren vollschreien wegen furchtbarer wirtschaftlicher Verluste, dann nach der Theatervorstellung den Kohlendioxid-Hahn aufdrehen und anschliessend den umgeleiteten Fluss durch die vorne und hinten offene Halle jagen, raus mit der Flavour-Kacke und mit den da rein gebackenen antibiotikaverseuchten Kadavern - einfach in den strategisch günstig gelegenen Fischzucht-Teich unterhalb der Hühnersport- und Freizeitzentren spülen. Is ja noch ne Menge zu knabbern dran; und anschließend gibt's halt Forelle mit Hühnchengeschmack und Zwergwal Onion. Und ein Dutzend im angespülten Hühnermist erstickte Graureiher - super um die Entschädigung wegen Vogelgrippe einzukassieren.

Tja, und dann gibt es den freilebenden Ekelvogel; er entsprang einem als taub verworfenen Eie, das bei einer solchen Großreinigungsaktion in Bayern im Mist landete, während der Hallen-Flutung unter eine wilde Fasanenhenne drunter kullerte und von dieser ganz in der Nähe eines nicht namentlich genannten Wildfleisch-Großhändlers erbrütet wurde.

Dieser Ekelvogel erwies sich als eine Art Fleisch-Goldesel; die Gensoja-Inkorporation seiner Eltern hatte den Vogel so modifiziert, dass er viereckige Eier mit Hirschragout- und Wildschweinkeule-Flavour legte; und dieses etwas gelatinöse Formfleisch in Kalkschale wurde von einem findigen Menschen geborgen, und der Berger pellte die Eier, machte stattdessen eine Zellophanfolie drum und etikettierte das Ergebnis, um es als Wild-Delikatessen zu handeln.

Pech nur, dass das Zeug nach dem Auftauen genauso flavourt wie der Ekelvogel, der mittlerweile da oben auf der Hochspannungsleitung sein Gefieder geordnet hat, um sich auf den Weg in den Landkreis Marburg-Biedenkopf zu machen und dort elf Tonnen viereckige Eier mit dem Flavour "Schlachtabfälle-Geschmack" zu legen, die ein findiger Finder auch prompt in sein freistehendes Kühlhaus einstapelt, um sie später zu pellen und vielleicht zu etikettieren...

Ende Brechtext...

(Lokaler Bezug: 25.09.2006)