Vogel der Woche (296): Die Blaumeise

ID 98151
 
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Mit der Lasurmeise in eine Gattung verbannt werden nur wegen Lösungsmittel-Abusus? Ornithologen sind ein selbstgerechtes Völkchen.
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02:39 min, 3731 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 01.11.2019 / 00:08

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Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache:
Redaktionsbereich: Kultur, Jugend, Umwelt, Sport, SeniorInnen, Wirtschaft/Soziales, Andere
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: Caspar (spk), hike (txt)
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 01.11.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Heute: Die Blaumeise. Cyanodeliria caeruleus.

Man muss nicht alles mitmachen. Auch wenn man einen derart sprechenden Namen besitzt wie die Blaumeise. – Ich meine, sie fordert ja geradezu zur Umdichtung heraus, „irgendwas mit Alkohol un so“. – Aber dagegen war dieser niedliche kleine Vogel, der sich über viele Jahre hinweg eine solide Karriere als Blattlausfresser, britisch-skurriler Milchflaschen-Deckel-Aufhacker und Kopfüber-am-Knödel-Schaukler aufgebaut hat, immun. Und es sah so aus, als ob dieser niedliche Mini-Flauschball mit dem Meißelschnabel noch viele Jahrhunderte lang als Parus caeruleus auf harmlos machen könnte und am Winterfutter-Rundling Sympathien auf sich ziehen würde.
Doch damit ist es nun vorbei. Denn leider kam seine sehr, sehr enge Verwandtschaft mit der schwerkriminellen Lasurmeise raus. – Diese durch und durch verderbte Lasurmeise, ja, die ist schon eine ganz eigene Hausnummer im Hochsicherheitstrakt. Ständig wurde die beim Lösemittel-Schnüffeln und bei Beschaffungskriminalität in Schreibwarenabteilungen im Uhu-Regal erwischt, sogar dann noch als Uhu längst ohne THC war, und irgendwie aus‘m Osten stammt sie dabei auch noch – ein furchtbar suspektes Subjekt, dessen Rund-um-die-Uhr-Beobachtung letztlich den Einsatz einer 200-köpfigen Ermittlertruppe namens SK Piepvogel rechtfertigte.
Aber nicht nur zur Lasurmeise, sondern auch zur heimischen Blaumeise fand die besagte SonderKommission Piepvogel dann aber wahrlich erschreckende Details heraus. Es soll im Falle der Blaumeise nicht nur bei aufgehackten Aluminiumdeckeln von britischen Milchflaschen geblieben sein, sondern auch Pickattacken auf die noch originalverpackten Gehirne anderer Vögel gegeben haben. Die ornithologische Fachpresse1 titelte gar von Zombiemeisen und brachte als Beleg eine, wie sich im Nachhinein zeigte, geschickt mit Photoshop alternativ-gefaktete Bildstrecke zum Thema, wo neben reißerisch hingemetzelten Kleinfinken auch ein kalotten-entleerter Weißkopfseeadler unterm winterlichen Gelsenkirchener Vogelfutterhäuschen gezeigt wurde, was natürlich sofort den Amerikanischen Präsidenten auf den Plan rief2.
Die Blaumeise, UNSER Nationalvogel, konnte jedenfalls nach diesen schwerwiegenden politischen und kriminalistischen Anwürfen nicht mehr der ehrenhaften Gattung Parus innewohnen, sondern wurde per ornithologischem Papstgremium exkommuniziert und mit der Klebstoff-Junkie-Verwandtschaft gemeinsam in die Gattung Cyanodeliria abgeschoben – wo wie allerdings vermutlich nun keinesfalls vermodert, weil die Chemikalien nach denen es die Angehörigen dieser Gattung so hungert und dürstet, durchaus konservierenden Charakter haben.
Guten Morgen.